Haftungsfalle: Der unerlaubt rechtsberatende Architekt – unwirksame Skontoklausel!

Mit Urteil vom 09.11.2023 hat der BGH (Az. VII ZR 190/22) entschieden, dass die von einem Architekten entworfene Skontoklausel gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt und infolgedessen unwirksam ist. Die Entscheidung betrifft den Schadenersatzanspruch einer Bauherrin (im Folgenden: Klägerin) gegen den Architekten (im Folgenden: Beklagten) aufgrund der vorgeschlagenen unwirksamen Skontoklausel.

Sachverhalt

Der Beklagte wurde mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1-8 der HOAI hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes beauftragt. Vereinbarungsgemäß stellte der Beklagte der Klägerin einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel über ein 3 %iges Abzugsrecht zur Verfügung, den die Klägerin bei der Beauftragung von zumindest vier bauausführenden Unternehmern verwandte.

Betreffend die Fertigstellung der Bauleistungen zog die Klägerin von der Schlussrechnung eines der bauausführenden Unternehmen einen Skontoabzug in Höhe von 3 % (125.098,75 € brutto) ab. In einem folgenden Rechtsstreit mit dem bauausführenden Unternehmen musste die Klägerin aufgrund der Unwirksamkeit der Skontoklausel auf das Abzugsrecht verzichten, was mit einem Vergleich endete.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage gegen den Architekten auf Schadensersatz, da sie die vom Architekten vorgeschlagene Skontoklausel für unwirksam hielt.

Erstinstanzlich hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Stuttgart – Berufungsgericht – das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin Revision ein.

Entscheidung

Mit Erfolg!

Der BGH hat das Urteil gekippt und die Sache zurückverwiesen (Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22). Das OLG Stuttgart habe verkannt, dass der Klägerin gegen den Architekten ein Schadenersatzanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 RDG zustehe, weil dieser durch die Zurverfügungstellung der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen habe.

Nach der Auffassung des BGH stelle die Zurverfügungstellung einer Skontoklausel zur Verwendung in Verträgen mit bauausführenden Unternehmern, die dabei den Interessen der Klägerin entspricht, eine Rechtsdienstleistung dar. Diese gehe über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und mithin über das Berufsbild des Architekten hinaus. Dies wird bereits durch frühere Entscheidungen des BGH bestätigt:

„Der Architekt ist […] nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen.“ (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2021 – I ZR 227/19 sowie Urteil vom 25. Oktober 1984 – III ZR 80/83).

Einer möglichen Auslegung als Erlaubnistatbestand i. S. v. § 5 Abs. 1 RDG, wie er teilweise in der Regelung in Anlage 11 zur HOAI (2009) zu finden sei, erteilt der BGH dem eine klare Absage. Insbesondere die Vergütung des Architekten für die „Mitwirkung bei der Auftragserteilung“ sei kein Erlaubnistatbestand im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes.

Praxishinweis

Durch die hiesige Entscheidung wird klargestellt, dass der Besteller vom Architekten nicht verlangen kann, an der Vertragsgestaltung mitzuwirken. Daher sollten Architekten bei einem derartigen Begehren eines Bauherrn darauf hinweisen, dass sie keine Rechtsberatung erbringen dürfen. Sie sollten diesen raten, rechtliche Unterstützung eines Rechtsanwalts einzuholen. Architekten sollten sich daher weigern, derartige Rechtsberatungsleistungen für Bauherren zu erbringen. Dadurch vermeiden sie die Eingehung eines doppelten(!) Risikos. Zum einen sind Rechtsdienstleistungen über die erlaubte Nebentätigkeit nach § 5 Abs. 1 S. 2, 2 RDG nicht von der Berufshaftpflichtversicherung der Architekten erfasst. Zum anderen führt eine Rechtsdienstleistung entgegen § 5 RDG des Architekten zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB i. V. m. § 3 RDG.

Bei dieser Gelegenheit sei auch darauf hingewiesen, dass planende Architekten im Zusammenhang mit der Nachtragsprüfung oder der rechtlichen Mängelverfolgung Vorsicht walten lassen müssen, sofern diesbezüglich Rechtsdienstleistungen zu erbringen sind.

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Ali Artik

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