Keine Erstattung einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer

In Zeiten des Fachkräftemangels und dem daraus folgenden Wettbewerb um die fähigsten Talente greifen viele Arbeitgeber bei der Personalbeschaffung auf Personalvermittlungsagenturen zurück. Mitunter nehmen Arbeitgeber im Rahmen dessen eine Klausel im Arbeitsvertrag auf, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet.

Das BAG hat in seinem Urteil vom 20.06.2023 zu Az. 1 AZR 265/22 entschieden, dass eine solche arbeitsvertragliche Regelung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Bislang liegt nur die Pressemitteilung vor.

DER FALL

Die Parteien schlossen Ende März 2021 durch Vermittlung eines Personaldienstleisters einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger ab dem 01.05.2021 bei der Beklagten tätig wurde. Die Beklagte zahlte hierfür an die Personalvermittlungsagentur eine Provision i. H. v. 4.461,60 €. Weitere 2.230,80 € sollten nach Ablauf der arbeitsvertraglich vereinbarten Probezeit gezahlt werden. § 13 des Arbeitsvertrags sah vor, dass der Kläger, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus fortbestehen und unter anderem aus vom Kläger „zu vertretenden Gründen“ von ihm selbst beendet werden würde, der Beklagte zur Erstattung der Vermittlungsprovision verpflichtet ist. Nichtsdestotrotz kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis zum 30.06.2021. Die Beklagte behielt daraufhin – unter Verweis auf § 13 des Arbeitsvertrages – von der für den Monat Juni 2021 abgerechneten Vergütung des Klägers einen Teilbetrag i. H. v. 809,21 € netto ein.

Der Kläger erhob hieraufhin Klage. Er machte geltend, die Regelung in § 13 seines Arbeitsvertrags sei unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige. Die Beklagte machte im Wege der Widerklage die Erstattung restlicher Vermittlungsprovision i. H. v. 3.652,39 € geltend. Sie vertrat die Auffassung, die vertragliche Regelung sei wirksam. Sie habe ein berechtigtes Interesse, die für die Vermittlung des Klägers gezahlte Provision nur dann endgültig aufzubringen, wenn er bis zum Ablauf der vereinbarten Frist für sie tätig gewesen sei.

Sowohl das erstinstanzliche Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 12.05.2022 – Az. 4 Sa 3/22) gaben der Klage statt und wiesen die Widerklage ab.

DIE ENTSCHEIDUNG

Das BAG hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Bei der in § 13 des Arbeitsvertrags genannten Regelung handele es sich um eine kontrollfähige Einmalbedingung i. S. v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Sie benachteilige den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Kläger werde hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. Der Arbeitgeber habe grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet. Es bestehe deshalb kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhalte auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

FAZIT

Das Urteil des BAG gibt weitere Klarheit im Hinblick auf arbeitsvertragliche Rückzahlungsklauseln. Arbeitgeber sollten die obige Rechtsprechung bei der Gestaltung der von ihnen verwendeten Arbeitsverträge im Blick haben. Gleichwohl haben Arbeitgeber natürlich ein Interesse daran, das Risiko einer vorzeitigen Beendigung des durch eine Personalvermittlungsagentur vermittelten Arbeitsverhältnisses nicht alleine zu tragen. Denkbar ist es, eine vergleichbare Regelung in dem mit der Personalvermittlungsagentur zu verhandelnden Vermittlungsvertrag aufzunehmen.

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Markus Schanzleh

Markus Schanzleh

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