Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Verbot der Handynutzung am Arbeitsplatz

Nach einer aktuellen Umfrage von YouGov verbringen Raucher wohl durchschnittlich mehr als zwei ganze Stunden der wöchentlichen Arbeitszeit mit dem Rauchen. Doch auch wenn es hierzu noch keine Studie gibt, dürfte auch durch das Nutzen des eigenen Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit viel Produktivität verlorengehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zuletzt mit Beschluss vom 17.10.2023, Az. 1 ABR 24/22, entschieden, dass ein Verbot durch den Arbeitgeber, während der Arbeitszeit das Handy zu privaten Zwecken zu nutzen, nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt.

DER FALL

Die Arbeitgeberin ist ein produzierender Betrieb im Bereich der Automobilzulieferindustrie und beschäftigt ca. 200 Mitarbeitende, wovon die überwiegende Mehrheit in der Produktion tätig ist. Aufgrund betriebsbedingter Wartezeiten (z. B. wegen Maschinenumbauten) gibt es immer wieder Leerlaufzeiten, die Arbeitnehmende unter anderem für die Erledigung privater Angelegenheiten mittels ihres Smartphones nutzen. Am 18.11.2021 wies die Arbeitgeberin durch einen Aushang im Wege einer Mitarbeiterinformation zum Thema „Regeln zur Nutzung privater Handys während der Arbeitszeit“ darauf hin, dass die Nutzung von Handys verboten sei und kündigte für den Fall der Nichteinhaltung arbeitsrechtliche Schritte an:

„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit weisen wir darauf hin, dass jede Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet ist. Sofern gegen dieses Verbot verstoßen wird, ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – bis hin zur fristlosen Kündigung – zu rechnen.“

Der Betriebsrat sah hierin sein Recht auf Mitbestimmung in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Beschäftigten gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt. Er forderte die Arbeitgeberin daher auf, das Verbot zurückzunehmen. Als die Arbeitgeberin sich weigerte, machte der Betriebsrat die Unterlassung vor dem Arbeitsgericht Braunschweig geltend.

Das Arbeitsgericht Braunschweig (Az. 6 BV 15/21) wies den Antrag des Betriebsrats zurück. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (3 TaBV 24/22) bestätigte den Beschluss des ArbG Braunschweig und wies die Beschwerde hiergegen zurück.

DIE ENTSCHEIDUNG

Das LAG Niedersachsen machte in seinem Beschluss deutlich, dass es sich bei dem ausgesprochenen Verbot nicht um eine Frage der Ordnung des Betriebs oder des Verhaltens der Beschäftigten i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG handele. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG habe der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts sei das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses könne der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts sei es, die Arbeitnehmer hieran zu beteiligen. Sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen (BAG, Beschluss vom 11.12.2018 – 1 ABR 13/17, NZA 2019, 1009). Dagegen seien Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren – sogenanntes Arbeitsverhalten -, nicht mitbestimmungspflichtig. Wirke sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, komme es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt. Entscheidend sei der jeweilige objektive Regelungszweck. Dieser bestimme sich nach dem Inhalt der Maßnahme sowie nach der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens (BAG, Urteil vom 23.08.2018 – 2 AZR 235/18, AP BGB § 626 Nr. 272).

Das Verbot, während der Arbeitszeit Smartphones zu privaten Zwecken zu nutzen, unterliege in Anwendung dieser Grundsätze nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Nach dem hier überwiegenden Regelungszweck der Weisung würde nicht ein arbeitsbegleitendes Verhalten geregelt. Vielmehr sei Gegenstand der Maßnahme die Festlegung, welche Tätigkeiten die Beschäftigten während ihrer Arbeitszeit zu unterlassen haben. Der Arbeitgeber wolle hier erreichen, dass die vertragsmäßig geschuldete Arbeitsleistung erbracht wird und dabei nicht durch die private Nutzung von Smartphones unterbrochen wird. Hierin sei eine Konkretisierung der Arbeitspflicht zu sehen und keine Regel, die das arbeitsbegleitende Ordnungsverhalten betreffe.

Dieser Ansicht schloss sich das BAG an und wies die gegen den Beschluss des LAG Niedersachsen eingelegte Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurück.

FAZIT

Insbesondere im Hinblick darauf, dass noch das Arbeitsgericht München (Beschluss vom 18.11.2015 – 9 BVGa 52/15, BeckRS 2015, 73302) ein generelles Verbot der Benutzung privater Mobiltelefone zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit als mitbestimmungspflichtig gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erachtet hatte, ist die für Rechtsklarheit sorgende Entscheidung des BAG erfreulich. Arbeitgeber dürfen die private Nutzung des Handys am Arbeitsplatz ohne Mitbestimmung des Betriebsrats verbieten.

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Markus Schanzleh

Markus Schanzleh

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