Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Auswirkungen auf künftige Vergabeverfahren

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG) ist am 22.07.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und tritt überwiegend zum 01.01.2023 in Kraft. Hierdurch sollen zum einen die Rechte der von Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in den Lieferketten gestärkt, zum anderen den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden. In dem Gesetz werden in diesem Zusammenhang umfangreiche Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risikoanalysen, Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Beschwerdeverfahren vor deutschen Gerichten und Berichterstattung geregelt. Im Falle eines Verstoßes drohen Zwangs- sowie Bußgelder, deren Höhe sich im Wesentlichen nach der Bedeutung des Verstoßes sowie den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens bestimmt.

Betroffene Unternehmen

Das LkSG findet ab dem 1. Januar 2023 auf in Deutschland ansässige Unternehmen und Unternehmen mit einer Zweigniederlassung gemäß § 13 d HGB mit mind. 3.000 Beschäftigten in Deutschland Anwendung. Ab 1. Januar 2024 sind Unternehmen mit mind. 1.000 Beschäftigten in Deutschland erfasst. Innerhalb von verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) sind die Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl der Obergesellschaft zu berücksichtigen. Auch Leiharbeitnehmer werden hier einbezogen, sofern die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.

Auswirkungen auf Vergabeverfahren – Verstoß gegen LkSG künftig neuer Ausschlussgrund

Nach § 22 LkSG sollen Unternehmen, die wegen eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes mit einer Geldbuße von mindestens 175.000,00 € belegt worden sind, bis zur nachgewiesenen Selbstreinigung nach § 125 GWB von der Teilnahme an einem Verfahren über die Vergabe eines Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrags für einen Zeitraum von maximal drei Jahren ausgeschlossen werden. Für bestimmte rechtskräftig festgestellte Verstöße gelten gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 LkSG erhöhte Bußgeldschwellen. Mit dem Inkrafttreten des LkSG geht auch eine Anpassung des § 124 Abs. 2 GWB einher, der künftig auch auf § 22 LkSG als zusätzlichen Ausschlussgrund verweisen wird.

Wie der Wortlaut der Vorschrift („sollen“) zeigt, ist der Ausschluss des betroffenen Unternehmens von dem Verfahren vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollt. Einzig in besonders gelagerten Einzelfällen kann damit von einem Ausschluss des Unternehmens abgesehen werden. Damit gilt künftig ein zusätzlicher ermessensintendierter Ausschlussgrund, der von öffentlichen Auftraggebern im Sinne der §§ 99 und 100 GWB bei der Eignungsprüfung zu berücksichtigen ist. Das Vorliegen von Verstößen gegen das LkSG kann über das Wettbewerbsregister beim Bundeskartellamt abgefragt werden. Hier werden künftig auch rechtskräftige Bußgeldentscheidungen nach dem LkSG aufgeführt. Ab einem Auftragswert von 30.000,00 € besteht für öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB sogar eine Abfragepflicht, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 WRegG.

Ausblick

Die Bestimmungen des Lieferkettengesetzes und insbesondere die hierin enthaltene Möglichkeit zum Ausschluss von Unternehmen bei der öffentlichen Vergabe zeigen, dass nachhaltige Kriterien immer stärker in den Fokus der öffentlichen Beschaffung rücken (sollen). Während für von dem Gesetz betroffene Unternehmen künftig ein gründliches Monitoring ihrer Lieferketten anzuraten ist, müssen öffentliche Auftraggeber in Zukunft den neu geschaffenen Ausschlussgrund bei der Vergabe öffentlicher Aufträge beachten. Dieser kann ab dem 1. Januar 2023 über ein entsprechend aktualisiertes Formblatt zu den Ausschlussgründen nach §§ 123, 124 GWB bei den Unternehmen abgefragt werden. Das Vorliegen eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Lieferkettengesetz lässt sich dabei über das Wettbewerbsregister feststellen.

Max Burmeister, LL.M.
Rechtsanwalt
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