Das Planungssicherstellungsgesetz – COVID-19 als Treiber einer digitalen Revolution von Planungs- und Genehmigungsverfahren?

Die zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen schränken nicht nur das Leben vieler Bürger ein, sondern haben auch Auswirkungen für Planungs- und Genehmigungsverfahren. Vor allem die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen stellen Behörden und Vorhabenträger bei der Durchführung von wesentlichen Verfahrensschritten – etwa der Offenlage von Planunterlagen – vor große Herausforderungen. Abhilfe sollen nun die verfahrensmäßigen Erleichterungen des am 29. Mai 2020 in Kraft getretenen Planungssicherstellungsgesetzes (PlanSiG) leisten.

Gegenwärtige Rechtslage unzureichend

Viele Planungs- und Genehmigungsverfahren des Bau-, Fachplanungs- sowie Immissionsschutzrechts sehen verfahrensrechtlich zwingend die Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Die insofern durchzuführenden Verfahrensschritte – etwa Informationsveranstaltungen, Offenlagen oder Erörterungstermine – haben nach Maßgabe der bislang bestehenden Gesetzeslage im Grundsatz eine verfahrensmäßige Gemeinsamkeit: die physische Präsenz der zu beteiligenden Personen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass trotz der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen die verfahrensrechtlichen Anforderungen rechtssicher gewahrt werden können. Dies erforderte aber neben Kreativität vor allem einen hohen Einsatz finanzieller, personeller und sachlicher Mittel, was schnell zu Situationen führen kann, in denen der nötige Aufwand den Ertrag deutlich übersteigt. Dann ist regelmäßig die Aussetzung des Verfahrens bis zum Entfall des Verfahrenshindernisses – also den Pandemiebeschränkungen – geboten. Damit drohte vielen Planungs- und Genehmigungsverfahren einstweilen der komplette Stillstand und letztlich bis zum Abschluss eine erhebliche zeitliche Verzögerung.

Ziel des Gesetzes

Das PlanSiG soll nun dazu beitragen, dass die Verwaltungsverfahren trotz der COVID-19-Beschränkungen zügig und rechtssicher – also unter Wahrung der rechtsstaatlich gebotenen Beteiligungsrechte – durchgeführt werden können. Hierzu sieht das Gesetz im Wesentlichen vor, von der vormals erforderlichen physischen Anwesenheit abzusehen und die Öffentlichkeitsbeteiligung sozusagen in das Internet zu verlagern.

 

Wesentlichen Verfahrenserleichterungen des PlanSiG im Einzelnen

 

Ortsübliche oder öffentliche Bekanntmachung

Ist für ein Verfahren die ortsübliche oder öffentliche Bekanntmachung durch Anschlag oder die Auslegung zur Einsichtnahme angeordnet, ermöglicht § 2 PlanSiG stattdessen die Veröffentlichung im Internet. Zusätzlich muss die Bekanntmachung in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt oder einer örtlichen Tageszeitung erfolgen, soweit dies nicht ohnehin vorgeschrieben ist.

Auslegung von Unterlagen

Weiterhin ermöglicht § 3 PlanSiG anstelle der Auslage der Unterlagen vor Ort, diese im Internet zu veröffentlichen. Dann ist in der Bekanntmachung darauf nebst Internetadresse hinzuweisen. Die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bzw. wichtige Sicherheitsbelange der Vorhabenträger sind zu wahren, ansonsten können diese der Veröffentlichung im Internet widersprechen, woraufhin die Behörde das gesamte Verfahren auszusetzen hat.

Neben der Veröffentlichung im Internet soll gleichwohl die Auslegung als zusätzliches Informationsangebot erfolgen. Unterbleibt die Auslegung, hat die Behörde weitere, leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten zu schaffen, etwa durch öffentliche Lesegeräte oder Versand der Unterlagen. Die Behörde kann von den Vorhabenträgern verlangen, die Unterlagen in einem verkehrsüblichen elektronischen Format – beispielsweise PDF – einzureichen.

Erklärung zur Niederschrift

Sofern den Behörden nach eigener Prüfung die Entgegennahme von Erklärungen zur Niederschrift nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, kann sie gem. § 4 PlanSiG die Erklärung zur Niederschrift ausschließen. Alternativ ist jedoch eine Zugangsmöglichkeit von elektronischen Erklärungen bereitzuhalten, auf die in der Bekanntmachung hinzuweisen ist.

Durchführung eines Erörterungstermins

Steht nach den verfahrensmäßigen Vorschriften die Durchführung eines Erörterungstermins im Ermessen der Behörde, kann auf diesen nach Maßgabe § 5 PlanSiG aus Gründen der COVID-19-Beschränkungen bzw. des Weiterverbreitungsrisikos letztlich ganz verzichtet werden.

Sind dagegen Erörterungstermine zwingend durchzuführen, können diese nunmehr in Form einer Online-Konsultation stattfinden. Zuvor sind die zur Teilnahme am Erörterungstermin Berechtigten entsprechend zu benachrichtigen und es sind ihnen alle Inhalte zum Erörterungsgegenstand zugänglich zu machen. Sie sollen zudem die Möglichkeit haben, sich schriftlich oder elektronisch zum Erörterungsgegenstand zu äußern. Mit Einverständnis der Berechtigten kann anstelle der Online-Konsultation auch eine Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt werden.

Fazit und Ausblick

Die Öffentlichkeitsbeteiligung in das Internet zu verlagern, ist begrüßenswert und wird sicherlich dazu beitragen, Verwaltungsverfahren zügig sowie rechtssicher durchzuführen. Von einer digitalen Revolution für Verwaltungsverfahren kann aber noch nicht die Rede sein. Dies liegt vor allem daran, dass das PlanSiG bis zum 31. März 2021 befristet ist. Damit führt das Gesetz lediglich zu einer „kleinen digitalen Revolution auf Zeit“. Es bleibt letztlich der Wunsch, dass die mit dem PlanSiG gemachten Erfahrungen auf eine so positive Resonanz stoßen, dass der Gesetzgeber die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung als dauerhafte Option auf den Weg bringt.

Rechtsanwalt Aljoscha S. Schäfer, LL.M. (UvA)
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