Das neue AVV Klima: Das Vergaberecht wird „grüner“.

Seit Beginn dieses Jahres gelten für alle Vergabeverfahren des Bundes im Ober- und Unterschwellenbereich die neuen Regelungen der "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen" (AVV Klima).

Zweck dieser neuen Regelung ist die Erreichung der Ziele des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050. Nach der AVV Klima müssen nun insbesondere die Treibhausgasemissionen bei der Beschaffung berücksichtigt werden. Dabei obliegt es nun dem Bieter, diese dafür notwendigen Daten zusammen mit dem Energieverbrauch über den gesamten Lebenszyklus einzuholen und der Vergabestelle mitzuteilen. Ausnahmen sieht die AVV Klima lediglich im Bereich der Verteidigung und Sicherheit sowie im Falle der Anwendung von Lex-specialis-Regelungen im Bereich der Beschaffung von Straßenfahrzeugen vor.

Dem Vergaberecht war der Umweltschutz zwar ein Begriff (vgl. § 97 Abs. 3 GWB; § 2 Abs. 3 UVgO). Im Rahmen von Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen sowie im Bereich der Sektorentätigkeiten konnten umwelttechnische Aspekte wie Energieeffizienz und Lebenszykluskosten mit den Ermessensnormen des § 67 VgV und § 58 SektVO berücksichtigt werden. Mit der AVV Klima werden nun jedoch vereinheitlichte und deutliche Prüf- und Berücksichtigungspflichten bei allen Beschaffungsarten mit einem geschätzten Netto-Auftragswert von über 10.000 Euro geregelt. Diese schränken die Vergabestellen hinsichtlich ihres Rechts auf Leistungsbestimmung und Entscheidungsfindung ein. § 1 AVV Klima gewährleistet damit die einheitliche Anwendung von § 67 VgV.

Gemäß §§ 2, 3 AVV Klima sind sowohl bei der Bedarfsermittlung als auch der Wahl des Beschaffungsgegenstandes die Vergabestellen verpflichtet, die prognostizierten Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus dahin gehend zu berücksichtigen, dass die Minderung dieser zu den geringsten Kosten erzielt werden. Der nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz bestimmte CO2-Preis dient dabei als Bemessungsgrundlage der Treibhausgasemissionen. Zusätzlich listet Anlage 1 umweltschädliche Produkte auf, welche nicht mehr beschafft werden dürfen.

Gemäß § 4 AVV Klima muss die Leistungsbeschreibung die zum Zeitpunkt der Beschaffung höchste auf dem europäischen Markt verfügbare Energieeffizienzklasse einbeziehen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung muss auf vorhandene und anerkannte Gütezeichen oder eben gleichwertige Gütezeichen zurückgegriffen werden, welche die Voraussetzungen nach
§ 34 VgV bzw. § 24 UVgO erfüllen. Dabei obliegt es den Bietern, den Nachweis der Gleichwertigkeit zu erbringen. Das der Vergabestelle ursprünglich zustehende Ermessen reduziert sich damit zum Normalfall.

Weiter können gemäß § 4 AVV Klima zudem die Eignungsfragen erstmals an die Zertifizierung nach dem europäischen Umweltmanagementsystem Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) gekoppelt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, inwieweit derartige Zertifizierungen beim prognostizierten Bieterkreis vorhanden sind. Und nicht zuletzt müssen nun gemäß §§ 2, 4 AVV Klima auch im Rahmen der Zuschlagskriterien bei der Frage des wirtschaftlichsten Angebots die gesamten Lebenszykluskosten berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu § 59 Abs. 1 und § 43 Abs. 4 UVgO liegt dies nicht mehr im Ermessen der Vergabestellen, sondern stellt ebenso den neuen Normalfall dar.

Fazit

Die Regelungen der AVV Klima steigern den ohnehin schon hohen Vorbereitungs- und Prüfaufwand des Bundes bei der Planung und Durchführung von Vergabeverfahren. Dabei ist es gut möglich, dass sich zum Zwecke des Umweltschutzes auch auf Landesebene an diesen Vorgaben orientiert und in landeseigenen Regelungen umgesetzt wird. Den Vergabestellen ist zu raten, sorgfältig die Anwendbarkeit der jeweiligen Verpflichtungen der AVV Klima zu prüfen. Dabei muss das Risiko einer ggf. unzulässigen Wettbewerbseinschränkung bei der Gradwanderung zwischen der Einhaltung dieser Verpflichtungen und der Beteiligung von kleinen und mittelständischen Unternehmen vermieden werden.

Aber auch auf Bieterseite kommt ein Mehraufwand zu. Denn, obwohl diese nicht der direkte Adressat der Regelungen sind, sollten Bieter sich mit diesen anvertrauen. Die erfolgreiche Beteiligung am Vergabeverfahrens verlangt von Bietern umfangreiche Zusammenstellungen und die Übermittlung von umwelttechnischen Daten und Informationen.