Bauordnungsrechtliche Verpflichtung zur Errichtung einer Photovoltaikanlage über offenen Parkplätzen (§ 8 Abs. 2 BauO NRW 2018)

Mit der Novellierung der BauO NRW 2018 im Jahre 2021 ist in Gestalt des § 8 Abs. 2 BauO NRW erstmalig eine Pflicht zur Errichtung von Photovoltaikanlagen oder solarthermischen Anlagen auf neu zu bauenden Parkplätzen in das Baurecht eingeführt worden. Die Regelung verfolgt das Ziel, eine effiziente Nutzung der oftmals großflächigen, versiegelten Parkplätze für die Zukunft zu gewährleisten (LT-Drs. 17/12033, S. 96). Bei der Auslegung der aktuell geltenden Vorschrift bestehen indes erhebliche rechtliche Unsicherheiten. Dies hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt. Im Rahmen der erneut anstehenden Novellierung der BauO NRW 2018 soll die aktuelle Regelung daher nicht nur in die Vorschrift des § 48 BauO NRW 2018 (n. F.) überführt, sondern auch inhaltlich geändert werden (LT-Drs.: 18/4593).

Problemaufriss

§ 8 Abs. 2 BauO NRW 2018 enthält in Satz 1 den nachfolgenden Grundsatz:

„Beim Neubau eines für eine Solarnutzung geeigneten offenen Parkplatzes, welcher einem Nicht-Wohngebäude dient, mit mehr als 35 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge ist über der für eine Solarnutzung geeigneten Stellplatzfläche eine Photovoltaikanlage zu installieren, wenn der Antrag auf Baugenehmigung ab dem 1. Januar 2022 bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingeht.“

Ungeachtet der Unbestimmtheit der an diesen Grundsatz anknüpfenden Ausnahmetatbestände in § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 BauO NRW 2018, ist bereits unklar, welche baulichen Anlagen unter das Tatbestandsmerkmal des „offenen Parkplatzes“ fallen. Im Speziellen stellt sich mit Blick auf die in der Praxis durchaus relevante Planung neuer Parkhäuser die Frage, ob auch die obersten, offenen Parkdecks von der gesetzlichen Verpflichtung erfasst sind.

„Parkplatz“ meint zunächst sowohl öffentlich-gewidmete als auch private Stellplatzanlagen. Wann eine solche „Stellplatzanlage“ jedoch einen „offenen Parkplatz“ darstellt, ist nicht eindeutig geklärt. Die Gesetzesbegründung gibt insofern keinen näheren Aufschluss zur Auslegung der Begrifflichkeiten, als die Terminologie nicht einheitlich verwandt und erläutert wird. Mal spricht der Gesetzgeber von „offenen Stellplatzflächen“, mal von „Parkplätzen“.

Ungeachtet seiner uneindeutigen terminologischen Gesetzesbegründung hat sich der Gesetzgeber innerhalb der finalen formell-gesetzlichen Regelung – bewusst – für den Begriff des „offenen Parkplatzes“ entschieden.

Offene Parkplätze meinen dem Wortlaut und dem allgemeinen Sprachverständnis nach nicht allgemein Stellflächen, sondern oberirdische, grundsätzlich nicht überdachte und ebenerdige Stellplätze außerhalb von Parkhäusern (so BeckOK, § 8 BauO NRW 2018 Rn. 25; Gädtke, § 8 BauO NRW 2018 Rn. 41). Wären weitergehend jegliche Stellplätze, auch auf Parkhäusern, gemeint gewesen, hätte der Gesetzgeber stattdessen einheitlich von Park- oder Stellflächen, nicht von Parkplätzen, sprechen müssen.

Für eine solch enge Auslegung spricht neben dem allgemeinen Sprachverständnis durchaus auch der Sinn und Zweck der Vorschrift. Nach der Gesetzesbegründung soll § 8 Abs. 2 BauO NRW 2018 eine effiziente Nutzung der oftmals großflächigen, versiegelten Parkplätze gewährleisten. Damit sind mit offenen Parkplätzen – ungeachtet der schwammigen Formulierung in der Gesetzesbegründung – weitläufige, ebenerdige Parkplätze angesprochen, nicht jedoch Parkhäuser, deren Errichtung zumeist deutlich weniger flächenintensiv ist (vgl. u.a. LT-Drs. 17/12033, S. 96).

Zwingend und unangreifbar ist diese Auslegung in Anbetracht der inkonsistenten Terminologie jedoch nicht.

Ausblick

Die aktuell bereits insoweit bestehende rechtliche Unsicherheit bei der Auslegung des Gesetzes hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt. Im Rahmen der erneut anstehenden Novellierung der BauO NRW 2018 soll die Regelung des § 8 Abs. 2 BauO NRW 2018 in die Vorschrift des § 48 BauO NRW 2018 (n. F.) überführt werden (LT-Drs.: 18/4593, S. 41).

Mit der systematischen Verschiebung der Vorschrift geht gleichermaßen eine inhaltliche Änderung einher, mit Hilfe derer die beschriebenen Auslegungsungewissheiten beseitigt werden sollen. Der neue § 48 BauO NRW 2018 (n. F.) soll in Abs. 1a nunmehr wie folgt gefasst sein:

„Bei der Errichtung einer für eine Solarnutzung geeigneten Stellplatzfläche mit mehr als 35 notwendigen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge, die einem Nichtwohngebäude dient, ist über diese eine Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zu errichten.“

Anstelle des „offenen Parkplatzes“ knüpft die PV-Pflicht nunmehr terminologisch eindeutig an eine „geeignete Stellplatzfläche“ mit bestimmten weiteren Anforderungen an. Die eingangs dargestellte Inkonsistenz in Wortlaut und Gesetzesbegründung wird insoweit durch die weitere Formulierung der „Stellplatzfläche“, als Stellplatz legal definiert in § 2 Abs. 8 Satz 1 BauO NRW 2018, aufgelöst. Damit dürften grundsätzlich auch Parkdecks auf Parkhäusern tatbestandlich erfasst sein. Einschränkend ist allerdings darauf hinzuweisen, dass § 48 Abs. 1a BauO NRW 2018 (n. F.) nunmehr die Existenz von 35 „notwendigen“ Stellplätzen für Kfz erfordert. Ob sich diese Anzahl sodann ihrerseits lediglich auf das oberste Parkdeck bezieht oder stattdessen das gesamte Parkhaus erfasst, scheint (weiterhin) gleichermaßen offen formuliert.

Insgesamt steht, auch mit Blick auf die nachfolgenden Ausnahmetatbestände des § 48 BauO NRW n. F. zu befürchten, dass die bestehenden Rechtsunklarheiten auch durch die Novellierung nicht vollständig beseitigt werden können. Einzelheiten bleiben jedoch abzuwarten.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die planmäßig am 01.01.2024 in Kraft tretende Novellierung der Vorschrift durch den zeitgleichen Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung begleitet werden soll. Deren Anspruch dürfte es insbesondere sein, die weiterhin vorgesehenen, aber ebenfalls neu gefassten und auslegungsbedürftigen Ausnahmetatbestände des § 48 Abs. 1a Satz 2 BauO NRW 2018 (n. F.) zu konkretisieren.

Relevanz für die Praxis

Für gewerbliche Vorhabenträger spielen die vorbenannten, hier lediglich angerissenen, Fragestellungen und Auslegungsungewissheiten eine durchaus bedeutende Rolle. Mit besonderem Interesse ist daher im Auge zu halten, wie sich die anstehende Novellierung im Detail vollzieht. Aktuell wie zukünftig wird anzuempfehlen sein, im Rahmen der Vorhabenplanung frühzeitig prüfen zu lassen, inwieweit entsprechende Verpflichtungen bestehen.

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Yannick Joel Leber

Yannick Joel Leber

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