Ausbau der Windenergie an Land – das Problem der „überholenden“ Regionalplanung

Um den zuletzt ins Stocken geratenen Ausbau von Windenergie an Land anzukurbeln und die Windkraft zugleich gemeindeübergreifend zu steuern, geht der Trend dahin, die Windenergie bereits auf der Ebene des Regionalplans zu steuern. Planungsträger sind dabei (bezogen auf NRW) die Regionalräte für die fünf Regierungsbezirke Detmold, Köln, Arnsberg, Düsseldorf und Münster. Im Verbandsgebiet des Regionalverbands Ruhr ist regionaler Planungsträger die Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr.

Das Problem

Mit der Aufstellung der Regionalpläne ist stets ein Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinden verbunden. Für bereits planende Gemeinden, die kurz vor Abschluss der zumeist langwierigen und ebenso kostspieligen Aufstellung von sachlichen Teilflächennutzungsplänen zur Steuerung der Windenergie stehen, stellt sich dabei die Frage, ob die eigene Planung weiterverfolgt oder aufgegeben werden soll.

Bei dieser Entscheidung sollten insbesondere die folgenden Punkte im Blick behalten werden:

1. Inhalt der regionalplanerischen Ausweisungen

Problematisch ist, dass die Träger der Regionalplanung und die Träger der gemeindlichen Flächennutzungsplanung nicht unbedingt deckungsgleiche Ziele verfolgen. Während die Regionalplanung der Windenergie möglichst viel Raum verschaffen will, ist Treiber der gemeindlichen Planung zumeist die Verhinderung einer befürchteten „Verspargelung“ der Landschaft. Letzteres wird dadurch erreicht, dass den ausgewiesenen Windenergiezonen Ausschlusswirkung für das restliche Gebiet zukommt.

Inhaltlich ist deshalb die Qualität der regionalplanerischen Ausweisungen von Bedeutung. In der Regel werden die Windkraft steuernde Ausweisungen in Form der Darstellung konkreter Windenergiebereiche/Vorrangzonen sog. Ziele der Raumordnung darstellen. Maßgebend ist dann, ob den überregionalen Ausweisungen mit Blick auf den restlichen Planungsraum sog. Ausschlusswirkung zukommt. Gemeint ist damit, ob außerhalb der im Regionalplan dargestellten Bereiche weiterhin zusätzlich Windenergienutzung möglich ist oder nicht.

Fehlt die Ausschlusswirkung auf Regionalplanebene, erübrigt sich eine gemeindliche Flächennutzungsplanung dann nicht, wenn das Herbeiführen von Ausschlusswirkung zur effektiven Steuerung der Windenergie gerade Ziel der Planung ist. Diese Ausschlusswirkung muss sodann auf der Ebene des Flächennutzungsplanes separat herbeigeführt werden.

2. Zeitliche Reihenfolge des Inkrafttretens der Pläne

Wird die gemeindliche Bauleitplanung voraussichtlich zeitlich nach dem novellierten Regionalplan in Kraft treten, so gilt gem. § 1 Abs. 4 BauGB, dass Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind. „Anpassen“ im Sinne der Vorschrift bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG, dass die Ziele der Raumordnung in der Bauleitplanung zwar je nach dem Grad ihrer Aussageschärfe konkretisierungsfähig sind, nicht aber im Wege der Abwägung überwunden werden können. Sie sind in der Bauleitplanung als verbindliche Vorgaben hinzunehmen. Die planerischen Entscheidungen der Gemeinde müssen mit den Zielen der Raumordnung in Übereinstimmung gebracht werden (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2017, 4 BN 3/17, juris Rn. 4).

Tritt der gemeindliche Flächennutzungsplan zeitlich vor dem Regionalplan in Kraft, so gilt, dass die in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind. Dies bedeutet, dass bei entsprechender Begründung die in Aufstellung befindlichen Ziele im Wege der Abwägung überwunden werden können.

Wenig Beachtung wurde in der Rechtsprechung dem Folgeproblem geschenkt, wie es sich mit vorbezeichneter Anpassungspflicht verhält, wenn ein später verbindlich gewordenes Ziel der Raumordnung bereits im Rahmen der Abwägung eines Bauleitplans als „Ziel in Aufstellung“ berücksichtigt wurde, sich die Gemeinde gleichwohl darüber hinweggesetzt hat.

Das OVG Greifswald stellt – zumindest ausweislich des Wortlauts – die Anpassungspflicht unter den Vorbehalt, dass die Ziele eben nicht bereits im Rahmen der Abwägung berücksichtigt wurden.

„Nach – soweit ersichtlich – herrschender Meinung, der sich der Senat angeschlossen hat […], lösen später in Kraft tretende Ziele der Raumordnung, sofern sie nicht bereits als sonstige Erfordernisse der Raumordnung in der Abwägung als in Aufstellung befindlich zu berücksichtigen waren, eine Anpassungspflicht im Sinne einer nachträglichen Planänderungspflicht aus. § 1 Abs. 4 BauGB richtet an den Planungsträger das Gebot zu dauerhafter materieller Übereinstimmung der Bauleitplanung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung.“ (OVG Greifswald, Urteil vom 05. November 2008. 3 L 281/03, juris Rn. 133 – Hervorhebung diesseits.)

Eine dies bekräftigende Rechtsprechung bzw. eine höchstrichterliche Klärung steht hier allerdings noch aus.