Weitere EuGH-Entscheidung zu Widerrufsrechten bei Darlehensverträgen – diesmal: Kein Nutzungsersatz bei Fernabsatzverträgen

Der EuGH hatte zuletzt mit Urteil vom 26.03.2020 - Rs. C-66/19 - entschieden, dass Art. 10 Abs. 2 lit. p der Richtlinie 2008/48 (im Folgenden Verbraucherkreditrichtlinie) eine sog. „Kaskadenverweisung“ nicht vorsehe und damit auch der seit 30.07.2010 im deutschen Belehrungsmuster nach Anlage 6 EGBGB (ab 13.06.2014: Anlage 7 EGBGB) verankerte sog. „Kaskadenverweis“ den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie (Art. 10 Abs. 2 lit. p der Richtlinie 2008/48/EG) nicht gerecht wird.

Der BGH hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 31.03.2020, XI ZR 581/18 jedenfalls für Immobiliarverbraucherdarlehen klargestellt, dass die im Urteil des EuGH zur Entscheidung herangezogene Verbraucherkreditrichtlinie nach ihrer eigenen Fassung gemäß § Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und c auf grundpfandrechtlich besicherte Immobiliardarlehensverträge keine Anwendung findet und daher eine weitere Prüfung unter Heranziehung der Entscheidung des EuGH nicht geboten ist.

Neue EuGH-Entscheidung zum Widerruf von Darlehensverträgen

Nun hat der EuGH mit Urteil vom 04.06.2020, Rs. C-301/18 entscheiden, dass eine Bank nach dem Widerruf eines im Wege des Fernabsatzes geschlossenes Kreditvertrags durch den Kunden kein Entgelt (Nutzungsentschädigung) dafür leisten muss, dass sie bis dahin mit dem bereits gezahlten Geld wirtschaften konnte.

Die Richtlinie 2002/65 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher beinhalte die Pflicht der Bank, jeden Betrag zu erstatten, den sie von dem Verbraucher gemäß dem widerrufenen Vertrag erhalten hat. Ausgenommen davon sei der Betrag, der im Rahmen der tatsächlichen erbrachten Dienstleistung erhalten wurde.

Europarecht sieht keine Zahlung von Nutzungsersatz durch Bank bei Widerruf von im Fernabsatz geschlossenen Verträgen vor

Die Richtlinie sehe aber nicht vor – anders insoweit das deutsche Recht –, dass die Bank dem Verbraucher über die von ihm gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge hinaus noch Nutzungsersatz auf die Beträge zu leisten habe, welche sie im Rahmen der Vertragserfüllung erhalten hat. Grundsätzlich bezwecke die Richtlinie, so der EuGH, eine Vollharmonisierung, so dass die Mitgliedsstaaten in den harmonisierten Bereichen nicht von den Bestimmungen abweichen dürften, es sei denn, die Richtlinie sehe das ausdrücklich vor.

Zusammenfassung und Ausblick

Jedenfalls für im Wege des Fernabsatzes geschlossene Verbraucherdarlehensverträge gilt nunmehr, dass die Bank bei einer Rückabwicklung nach Widerruf keinen Nutzungsersatz schuldet. Davon losgelöst ist die Frage, ob der Darlehensnehmer für die Nutzung der Darlehensvaluta einen Nutzungsersatz zahlen muss, was zu bejahen ist.