OLG Frankfurt a. M.: § 181 Alt. 1 BGB und Bestellung des Vorstands einer AG zum Geschäftsführer einer GmbH

Das OLG Frankfurt a. M. hat mit seinem Beschluss vom 04.01.2022 entschieden, dass sich die Vorstände von Aktiengesellschaften nicht selbst ohne die Zustimmung oder Genehmigung ihres Aufsichtsrates zu Geschäftsführern ihrer Tochtergesellschaften bestellen dürfen.

Sachverhalt

A, B und C waren Vorstandsmitglieder der X-AG, waren jeweils von den Beschränkungen des § 181 Alt. 2 BGB befreit und durften die Gesellschaft entweder jeweils gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder jeweils gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. B und C erteilten D eine Vollmacht, um im Namen der X-AG eine GmbH-Tochtergesellschaft der X-AG zu gründen. Im Rahmen der Gründung bestellte D aufgrund der ihm erteilten Vollmacht A, B und C zu Geschäftsführern der GmbH.

Als A, B und C sich selbst als Geschäftsführer der GmbH beim Registergericht eintragen lassen wollten, verlangte das Registergericht eine Genehmigung des Aufsichtsrates der X-AG sowie zusätzlich eine Befreiung der Vorstände von § 181 Alt. 1 BGB für den konkreten Einzelfall. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der GmbH.

Entscheidung

Das OLG bestätigte, dass eine Genehmigung des Aufsichtsrates der X-AG für die Bestellung der Geschäftsführer erforderlich sei, lehnte jedoch die Notwendigkeit einer zusätzlichen Befreiung von § 181 Alt. 1 BGB ab.

Der Grund für die erforderliche Genehmigung des Aufsichtsrates sei die fehlende Befreiung der Vorstände von § 181 Alt. 1 BGB. Diese Norm solle verhindern, dass verschiedene und möglicherweise entgegenstehende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, solange dies nicht durch Gesetz oder Vollmacht gestattet sei, weil ansonsten stets die Gefahr der Schädigung eines Teils bestehe. Dieser Zweck müsse auch auf Vertreter übertragen werden, hier die Vorstände B und C, die nicht mehr Rechte auf ihren Untervertreter übertragen könnten, als ihnen selbst zustehe. Der Bevollmächtigte D unterliege daher denselben Beschränkungen wie die Vorstände B und C.

Das OLG lehnte hingegen die Anwendung von § 112 AktG ab, da die Bestellung eines Vorstandsmitglieds zum Geschäftsführer einer Untergesellschaft allein ein Organakt dieser Untergesellschaft sei und nicht der Obergesellschaft als deren Alleingesellschafterin. Dabei gehe es nicht um die Vertretung einer AG gegenüber ihren Vorständen, sondern um eine Handlung der AG als oberstes Gesellschaftsorgan einer GmbH. Auch eine entsprechende Anwendung von § 47 Abs.4 S. 2 GmbHG sei abzulehnen, da diese Norm einem Interessenskonflikt auf der Ebene der GmbH zuzuordnen sei, im vorliegenden Fall jedoch ein Interessenskonflikt zwischen der Mutter- und Tochtergesellschaft drohe.

Praxis

Der Beschluss des OLG Frankfurt a. M. steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung und sorgt für Klarheit über mögliche Interessenskonflikte innerhalb von mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen. Bei der Bestellung von Geschäftsführern von Tochtergesellschaften ist darauf zu achten, dass der die Bestellung vornehmende organschaftliche Vertreter der Muttergesellschaft im Falle seiner eigenen Bestellung zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft auch von den Beschränkungen des § 181 Alt. 1 BGB befreit ist. Dabei ist es konsequent und zur Vermeidung von Umgehungen sachgerecht, dass der Entscheidung des OLG auch der von dem organschaftlichen Vertreter Unterbevollmächtigte keine weitergehenden Befugnisse erhalten kann, als der von ihm Vertretene.

Im Rahmen von mehrfachen Gesellschaftsstrukturen sollte mithin immer auf die genaue Vertretungsbefugnis geachtet werden. Falls eine grundsätzliche Befreiung von § 181 Alt. 1 BGB nicht gewollt ist, so sollte geprüft werden, ob in konkreten Einzelfall eine Befreiung erforderlich ist.