Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG nach Insolvenzreife

Mit dem Urteil vom 18.01.2018, Az. 23 U 2702/17, hat das Oberlandesgericht München entschieden, dass Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschaftsdarlehen im Überschuldungsstatut zu passivieren sind, allerdings nicht, wenn eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung vorliegt. Diese muss jedoch substantiiert bewiesen werden.

Der Fall

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der GmbH gegen den Beklagten als deren Geschäftsführer Rückgewähransprüche zur Masse aus Geschäftsführerhaftung gemäß § 64 GmbHG geltend und behauptet, dass der Beklagte bereits seit 2012 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei und diverse Zahlungen nicht mehr hätte tätigen dürfen. Der Beklagte gibt an, die Schuldnerin sei weder zahlungsunfähig noch überschuldet gewesen, vielmehr habe eine positive Fortbestehungsprognose aufgrund zahlreicher Aufträge bestanden.

Das Landgericht gab der Klage statt. Der Beklagte trägt vor, dass Ratenzahlungsvereinbarungen und Zahlungen zur Sanierung der Gesellschaft erfolgt seien. Seine Berufung vor dem OLG München hat ebenfalls keinen Erfolg.

Die Entscheidung

Nach § 64 Satz 1 GmbHG ist der Geschäftsführer einer GmbH der Gesellschaft zum Ersatz solcher Zahlungen verpflichtet, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet werden, es sei denn, die Zahlungen sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar.

Maßgeblich geht es um die Beweislast des Beklagten, welcher er nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen ist. Der Beklagte hat nicht substantiiert genug vorgetragen. Die Ratenzahlungsvereinbarungen werden nicht bewiesen und der Beklagte kommt seiner positiven Darlegungs- und Beweislast bezüglich der positiven Fortführungsprognose nicht in dem hierfür erforderlichen Umfang nach.

Das OLG München bestätigt, dass die Schuldnerin spätestens seit dem 01.07.2012 überschuldet war. Der Kläger hat seiner Beweislast hinsichtlich der Überschuldung der Schuldnerin genügt, indem er ausgeführt hat, dass der Jahresabschluss der Schuldnerin einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aufweist, der sich zudem noch erhöht hat.

Das OLG stellt klar, dass Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen grundsätzlich im Überschuldungsstatut zu passivieren sind. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung vorliegt. Die Rangrücktrittsvereinbarung muss sowohl vor als auch nach Verfahrenseröffnung ausschließen, dass eine Darlehensforderung als Verbindlichkeit nicht in die Bilanz aufgenommen wird. Erforderlich hierfür ist die Erklärung des Gläubigers, er wolle mit der Forderung hinter die Forderungen aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zurücktreten. Dem Nachweis dieser Vereinbarung ist der Beklagte nicht nachgekommen.

Ferner lag Zahlungsunfähigkeit vor. Ist die Schuldnerin nicht in der Lage, innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten Mittel zu beschaffen, liegt keine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung mehr vor, sondern vielmehr eine Zahlungsunfähigkeit. Sobald die Liquiditätslücke der Schuldnerin 10 % oder mehr beträgt, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, außer es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird.

Wenn durch Leistungen des Geschäftsführers in der Insolvenzsituation im Einzelfall größere Nachteile für die Masse abgewendet werden können, kann ein Verschulden ausnahmsweise zu verneinen sein. Dies kann insbesondere bei Zahlungen in Betracht kommen, ohne die der Betrieb im Zweifel sofort hätte eingestellt werden müssen, was jede Chance auf Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht hätte. Dass die einzelnen Zahlungen insoweit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren, hat der Beklagte nicht dargetan.

Zahlungen zur Erhaltung der Sanierungschancen sind nur für einen kurzfristigen Zeitraum privilegiert, der regelmäßig eine Dauer von drei Wochen umfasst, in welchen die Sanierungsbemühungen abgeschlossen sein müssen, was jedoch ein tragfähiges Sanierungskonzept voraussetzt. Auch ein Bestehen eines solchen Sanierungskonzepts hat der Beklagte nicht ausreichend dargelegt.

Rechtsanwältin Sarah Jansen
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