Bundespatentgericht – Gebrauchsmusterschutz für Verwendungsansprüche

Das Bundespatentgericht hat sich in einem Beschluss vom 06.11.2018 (35 W (pat) 412/16) in Anlehnung an die Entscheidung des BGH - Arzneimittelgebrauchsmuster (GRUR 2016, 135) zu der Abgrenzung des Schutzausschlusses für Verfahren nach § 2 Nr. 3 GebrMG für Verwendungsansprüche geäußert.

Das Bundespatentgericht hat sich in einem Beschluss vom 06.11.2018 (35 W (pat) 412/16) in Anlehnung an die Entscheidung des BGH – Arzneimittelgebrauchsmuster (GRUR 2016, 135) zu der Abgrenzung des Schutzausschlusses für Verfahren nach § 2 Nr. 3 GebrMG für Verwendungsansprüche geäußert.

Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA hatte das in Streit stehende Gebrauchsmuster unter Berufung auf § 2 Nr. 3 GebrMG zunächst gelöscht. Das Gebrauchsmuster betraf die Verwendung von Lithiummetasilikat-Glaskeramik mit einer speziellen Zusammensetzung als Dentalmaterial. Es hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Lithiumsilikat-Glaskeramik mit verbesserten mechanischen und optischen Eigenschaften zur Verfügung zu stellen, die sich als Beschichtungsmaterial bzw. als Werkstoff für dentale Restaurationen eignet und die insbesondere durch Aufpressen im viskosen Zustand auf eine Zirkonoxidkeramik geschichtet werden kann, um eine von Rissen und Sprüngen freie Beschichtung auszubilden.

Das Bundespatentgericht hob die Entscheidung des DPMA auf. Der Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters in der geltenden Fassung sei nicht auf ein Verfahren i. S. d. § 2 Nr. 3 GebrMG gerichtet. Der Ausschluss von Verfahren vom Gebrauchsmusterschutz sei als Ausnahmetatbestand eng auszulegen. Entscheidend für die Beurteilung der Frage der Gebrauchsmusterfähigkeit sei in diesem Zusammenhang, ob der konkret zu überprüfende Schutzanspruch in seinem materiellen Gehalt auf ein Verfahren gerichtet ist. Hierbei entspricht der in § 2 Nr. 3 GebrMG verwendete Begriff des Verfahrens der herkömmlichen Definition im Zusammenhang mit technischen Schutzrechten, die auch § 9 Nr. 3 PatG zugrunde liegt. Diese schließt insbesondere Arbeitsverfahren und Herstellungsverfahren ein.

Allein die Tatsache, dass ein Schutzanspruch auf die Verwendung einer bestimmten Vorrichtung oder eines bestimmten Stoffs gerichtet ist, führt nicht zwingend dazu, dass dieser Schutzanspruch der Kategorie der Verfahrensansprüche i. S. d. § 2 Nr. 3 GebrMG zuzuordnen ist. Schutzansprüche, die die Verwendung bekannter Stoffe im Rahmen einer medizinischen Indikation zum Gegenstand haben, können § 2 Nr. 3 GebrMG nicht entgegenstehen, sondern gebrauchsmusterfähig sein (BGH – Arzneimittelgebrauchsmuster). Auch wenn sich diese Entscheidung auf die spezifische Fallgruppe der Verwendung bekannter Stoffe im Rahmen einer medizinischen Indikation bezieht, bei der zudem ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit in Bezug auf die Förderung des medizinischen Fortschritts, der gerade auch durch die innovative Verwendung bereits bekannter Stoffe erzielt werden kann, zu berücksichtigen ist (BGH, a.a.O., Tz. 15), so ist doch über diesen spezifischen Bereich hinaus in Rechnung zu stellen, dass Gegenstand eines Verwendungsanspruchs die Eignung eines Stoffes für einen bestimmten Verwendungszweck sein kann (BGH, a.a.O., Tz. 11); Verwendungsansprüche dieser Art können Elemente von Erzeugnisansprüchen aufweisen (BGH, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund ist das Bundespatentgericht in dem entschiedenen Fall zu der Schutzfähigkeit gelangt. Nur dann, wenn konkret festgestellt werden kann, dass ein Verwendungsanspruch seinem materiellen Gehalt nach auf ein Verfahren, insbesondere ein Arbeits- oder Herstellungsverfahren gerichtet ist, ist der Ausschlusstatbestand des § 2 Nr. 3 GebrMG erfüllt. Manifestieren sich hingegen in einem Verwendungsanspruch nur die einem Stoff oder auch einer in bestimmter Weise beschriebenen bzw. definierten Vorrichtung innewohnenden stofflichen bzw. gegenständlichen Eigenschaften, so greift dieser Ausschlusstatbestand nicht durch.

Das Gebrauchsmuster war nicht auf ein Herstellungsverfahren gerichtet. Es umfasste keine Lehre zum technischen Handeln, deren Gegenstand lediglich ein Ablauf von Arbeitsschritten in Form der Wahl von Ausgangsstoffen und der Art der Einwirkung auf diese Stoffe ist, sondern die Verwendung einer ausschließlich durch die Anteile bestimmter Stoffe beschriebenen Lithiumsilikat-Glaskeramik als Dentalmaterial. Die Verwendung der erfindungsgemäßen Lithiumsilikat-Glaskeramik war hierbei auf einen abstrakten Handlungserfolg gerichtet, der aus den spezifischen, insbesondere stofflichen Eigenschaften der erfindungsgemäßen Lithiumsilikat-Glaskeramik als Erzeugnis resultiert. Der Schutzanspruch enthielt auch keine impliziten Verfahrensmerkmale.

Bei der Analyse der Entscheidung des Bundespatentgerichts wird deutlich, dass ein erheblicher Spielraum besteht, die Gebrauchsmusterschutzfähigkeit für Verwendungsansprüche zu begründen. Sobald dabei stoffliche Wirkungen zunutze gemacht werden, eröffnet sich Raum für eine einschränkende Auslegung des § 2 Nr. 3 GebrMG.

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Dr. Martin Quodbach, LL.M.

Dr. Martin Quodbach, LL.M.

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