OLG Düsseldorf zu den Voraussetzungen des Anbietens nach § 9 Satz 2 PatG

In seinem Urteil „Parametrierung eines Prüfstandes“ vom 27.04.2017 (Az. I-2 U 23/14) beschäftigt sich das OLG Düsseldorf mit dem Begriff des Anbietens im Sinne des § 9 Satz 2 PatG.

Die Parteien streiten insbesondere über die Fragen, wie der in dem Klagepatent genannte Begriff der Parametrierung auszulegen ist und ob die Beklagte die angegriffene Ausführungsform, eine Software zur Überwachung eines Prüfstandes, die nur im Zusammenhang mit einer Erlaubniserteilung vertrieben wird, im Sinne des § 9 Satz 2 PatG angeboten hat.

Zunächst führt das OLG Düsseldorf aus, dass es bei der Bewertung des Patentanspruchs nach objektiven Kriterien aus fachlicher Sicht nicht auf die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe ankomme, sondern auf deren technischen Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist. Maßgeblich seien dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen. Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs sei abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen.

Die in diesem Sinne stets gebotene Auslegung des Patentanspruchs habe – so das OLG Düsseldorf weiter – gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen zu erfolgen, die dazu dienen, die durch den Patentanspruch geschützte technische Lehre zu erläutern und typischerweise anhand eines oder mehrerer Ausführungsbeispiele zu verdeutlichen. Definiere die Patentschrift einen im Anspruch verwendeten Begriff in bestimmter und ggf. eigenständiger Weise, sei dieses Begriffsverständnis den fachmännischen Überlegungen zugrunde zu legen, da die Beschreibung des Patents insoweit ein patenteigenes Lexikon darstelle.

Im Anschluss daran beschäftigt sich das OLG Düsseldorf mit der Frage, ob die Beklagte das geschützte Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland angeboten hat.

Nach § 9 Satz 2 Nr. 2 PatG wird ein Verfahren angeboten, wenn jemand einem anderen die Anwendung des Verfahrens dergestalt in Aussicht stellt, dass sie durch den Anbietenden selbst vorgenommen oder veranlasst werden soll. Dabei müsse es nicht zu einer Anwendung des Verfahrens kommen und eine Anwendung müsse auch nicht bereits stattgefunden haben. Der Verbotstatbestand des § 9 Satz 2 Nr. 2 PatG würde schon die Gefährdung der Benutzung des patentierten Verfahrens ausräumen wollen.

Ein Anbieten eines Verfahrens zu einer unerlaubten Anwendung könne deshalb auch durch das Erbieten einer Benutzungserlaubnis an dem geschützten Verfahren erfolgen. Neben dem Erbieten, die patentierte Verfahrensvorschrift entgeltlich zu veräußern, sei deshalb als Angebot auch ein Verhalten anzusehen, welches die Bereitschaft des Anbietenden erkennen lässt, an dem patentierten Verfahren eine Benutzungserlaubnis zu erteilen (OLG Düsseldorf vom 15.05.2014, I-2 U 74/15 und vom 14.10.2010, I-2 U 10/08 – beide unveröffentl.).

Erbietet jemand die Erteilung einer Benutzungserlaubnis an dem geschützten Verfahren, maße er sich auch dadurch die dem Patentinhaber vorbehaltene Verwertung des patentierten Verfahrens an und betreibe auf diese Weise unmittelbar dessen wirtschaftliche Verwertung. Bereits die Anmaßung der dem Patentinhaber vorbehaltenen Befugnis, die Benutzung zu gestatten, gefährdet aber das Patentrecht und sei deshalb verboten.

Ob derjenige, der vom Inhaber des Patents eine zur Ausübung des geschützten Verfahrens erforderliche Vorrichtung erworben hat, zum Gebrauch der Vorrichtung und infolgedessen zur Durchführung des patentgeschützten Verfahrens berechtigt ist, beantwortet sich nach Ansicht des OLG Düsseldorf daher allein danach, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Erwerber mit dem Verkauf der Vorrichtung eine stillschweigende Erlaubnis (einfache Lizenz) zur Verfahrensbenutzung erteilt worden ist. Hierzu verweist der Senat auf die Rechtsprechung des BGH, die eine konkludente Lizenzerteilung bejaht, sofern nicht ausnahmsweise ausdrückliche entgegenstehende Abreden bestehen (§§ 133, 157, 242 BGB; vgl. BGH, GRUR 2001, 407, 409 – Bauschuttsortieranlage; BGH, GRUR 2007, 773, 776 – Rohrschweißverfahren).

In welchem Umfang der Erwerber der Vorrichtung – im Wege einer beim Verkauf der Vorrichtung stillschweigend erteilten Lizenz – dazu berechtigt ist, die Vorrichtung bestimmungsgemäß zu verwenden, mithin das Verfahren durchzuführen, sei nach dem Einzelfall zu beurteilen und hänge von den schuldrechtlichen Vereinbarungen der Parteien ab (BGH, GRUR 1998, 130, 132 – Handhabungsgerät). Fehlen anderslautende Abreden, sei im Zweifel davon auszugehen, dass derjenige, der vom Inhaber des Verfahrenspatents eine zur Ausübung des geschützten Verfahrens erforderliche Vorrichtung erwirbt, diese bestimmungsgemäß benutzen darf (BGH, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren).