LG Ingolstadt zu den Aufklärungspflichten des Betreibers eines Onlineshops bei einer zeitlich begrenzten Werbeaktion und mangelnder Warenverfügbarkeit

Das LG Ingolstadt (15.06.2021 – 1 HKO 701/20) bejahte im konkreten Fall einen Wettbewerbsverstoß der beklagten Betreiberin eines Onlineshops, die mit einem siebentägigen Countdown sieben Elektroprodukte bewarb, aber nicht auf eine voraussichtlich unzureichende Bevorratung hinwies.

Die sieben Elektroprodukte wurden seitens der Beklagten im Zeitraum vom 23.12.2019 bis zum 01.01.2020 als Jahresfinale mit der Bezeichnung „7 Tage – 7 Kracher“ beworben. Eine ablaufende Uhr zeigte die noch vorhandene Zeit bis zum Aktionsende an. Die Produkte sollten nach Bestellung im Onlineshop entweder per postalischer Zusendung erworben oder in einem der stationären Märkte abgeholt werden können. Unter anderem wurde im Rahmen der Countdown-Aktion auch ein bestimmtes Smartphone angeboten. Einer der Kunden der Beklagten wollte dieses Smartphone am Nachmittag des 31.12.2019 bestellen. Zu diesem Zeitpunkt gewährte der Onlineshop dem Kunden jedoch weder die Option, sich das Smartphone zusenden zu lassen, noch die Möglichkeit, es zur Abholung in einem der sich in seiner Nähe befindenden Märkte bereitstellen zu lassen.

Das LG Ingolstadt sprach dem klagenden Wettbewerbsverband einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 8, 3 Abs. 3 i. V. m. Anhang Nr. 5, 5a UWG zu. Hiernach liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung bei einer Aufforderung zum Kauf von Waren vor, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen.

Unter Zugrundelegung der im hiesigen Fall maßgeblichen Erwartung des Durchschnittsverbrauchers nahm das Gericht eine irreführende Handlung der Beklagten an. Der maßgebliche Verbraucher gehe bei der Ausgestaltung der streitgegenständlichen Werbung davon aus, dass bei allen sieben beworbenen Produkten ununterbrochen eine Onlinebestellung und ein anschließender Versand möglich sind. Diese Erwartung folgte nach der Auffassung des Gerichts bereits daraus, dass es der Beklagten jederzeit möglich war, das Online-Angebot zu aktualisieren. Die dahingehende Wirkung des Angebots sei zudem durch die Countdown-Uhr verstärkt worden. Der Name der Aktion („7 Tage – 7 Kracher“) habe ebenfalls eine Verfügbarkeit der Produkte während der gesamten Werbeaktion bestätigt. Der Durchschnittsverbraucher habe demnach nicht damit gerechnet, dass eines der angebotenen Elektroprodukte während des beworbenen Zeitraums nicht mehr verfügbar sein werde. Darüber hinaus erwarte der Verbraucher zusätzlich, dass die Ware mit der Versandoption bestellt werden könne. Er müsse nicht auf die Möglichkeit der Abholung im Markt zurückgreifen.

Das Gericht stellte vor diesem Hintergrund ausdrücklich heraus, dass die Beklagte bei einer derartigen Bewerbung von Produkten während der gesamten Dauer der Maßnahme zur Aufklärung verpflichtet ist, sollten „hinreichende Gründe für die Annahme“ vorliegen, dass eine unzureichende Bevorratung der Produkte besteht. Diese Aufklärungspflicht beschränke sich nicht auf den Zeitpunkt der Aktionsveröffentlichung. In Abgrenzung zur Printwerbung entfalte eine derartige Online-Werbung als Dauerhandlung nämlich während des gesamten Zeitraums die Wirkung der Verbraucheranlockung in Gestalt einer Animierung, gleichzeitig oder später sonstige Waren zu erwerben.

Das Gericht befürwortete in seiner Entscheidung insgesamt ein hohes Verbraucherschutzniveau. Es ließ allerdings ausdrücklich offen, inwieweit das zusätzliche Erfordernis bestehen kann, ein beworbenes Produkt, das nicht (mehr) lieferbar ist, gänzlich von einer Webseite zu entfernen.