BPatG zu Folgen von Übersetzungsmängeln in Schutzrechtsunterlagen

Das Bundespatentgericht (BPatG) hat sich in einer Beschwerdesache mit der Frage befasst, ob Fehler in der Übersetzung von Anmeldeunterlagen eine Rücknahmefiktion nach Art. 24 Abs. 1 PCT auslösen (BPatG, Beschluss vom 22.12.2022, Az. 35 W (pat) 4/22).

Die zehn Ansprüche enthaltende Gebrauchsmusteranmeldung ist im Wege der Nationalisierung aus einer in chinesischer Sprache eingereichten, internationalen Anmeldung hervorgegangen. Die Anmelderin hat die nationale Phase beim DPMA eingeleitet und hat dabei in der Übersetzung drei Verfahrensansprüche ausgespart. Die Gebrauchsmusterstelle des DPMA hat hierauf ohne weiteren Schriftverkehr mitgeteilt, dass die Wirkung der PCT-Anmeldung für den Bestimmungsstaat Deutschland gemäß Art. 39 Abs. 2 PCT nicht eingetreten sei, da die deutsche Übersetzung nicht eingereicht wurde. Damit erklärte das DPMA das Verfahren für beendet. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Das BPatG kommt zu dem Ergebnis, dass die Beschwerde begründet ist und die Anmelderin einen Anspruch darauf gehabt hätte, vor dem Erlass des Bescheides wegen möglicher Mängel der Übersetzung gehört zu werden. Unzutreffend sei der angegriffene Bescheid auf Art. 39 Abs. 2 PCT gestützt. Diese Vorschrift betreffe aber nicht die Übersetzung, die zum Eintritt in die nationale Phase bei einem Bestimmungsamt einzureichen ist, sondern beziehe sich auf eine solche Übersetzung, die für einen Antrag auf internationale vorläufige Prüfung nach Art. 31 PCT benötigt wird. Demgegenüber sei hier die Regelung in Art. 24 Abs. 1 iii PCT i. V. m. Art. 22 Abs. 1 PCT einschlägig, wonach die Wirkung einer internationalen Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland dann endet, wenn die beim DPMA (als Bestimmungsamt) nach Art. III § 4 Abs. 2 IntPatÜG einzureichende Übersetzung dieser Anmeldung nicht innerhalb von 30 Monaten nach Anmeldung eingegangen ist. Für diesen Fall ordne Art. 24 Abs. 1 iii PCT an, dass die internationale Anmeldung so zu behandeln sei wie eine beim DPMA eingereichte, nationale Anmeldung, zu der die Zurücknahme erklärt worden ist.

Weiter führt das BPatG aus, dass die Übersetzung nicht so mangelhaft gewesen sei, dass sie eine Rücknahmefiktion ausgelöst hätte. Eine Übersetzung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 PCT i. V. m. Art. III § 4 Abs. 2 IntPatÜG müsse die Patentansprüche in der ursprünglich eingereichten Fassung erhalten, auch nach Änderung der Ansprüche während der internationalen Phase. Dafür könne das Bestimmungsamt vom Anmelder zusätzlich eine neue Übersetzung der Ansprüche verlangen.

Aus Art. 27 Abs. 1 PCT folge, dass die Rechtsfolgen einer mangelhaften Übersetzung sich aus der Rechtsordnung des Bestimmungsstaates ergeben. Ferner ergebe sich aus Art. 26 PCT, dass die Bestimmungsämter internationale Anmeldungen nicht schlechter behandeln dürften als nationale. Daher sei die Rechtsprechung des BGH heranzuziehen, wonach die Zuerkennung eines Anmeldetages bei einer in fremder Sprache eingereichten, nationalen Patentanmeldung grundsätzlich nicht daran scheitere, dass die einzureichende Übersetzung etwaige Auslassungen oder einen unzutreffenden Inhalt aufweise (vgl. BGH, GRUR 2012, 901, 902 – Polierendpunktbestimmung). Diese Rechtsprechung gelte unabhängig davon, dass das Übersetzungserfordernis zwischenzeitlich durch die Schaffung der Regelungen des § 35a PatG und § 4b GebrMG neu gefasst worden sei. Die Rücknahmefiktion werde nicht ausgelöst, wenn die übersetzten Bestandteile ausreichend wären, um die Mindestanforderungen für die Zuerkennung eines Anmeldetages im Sinne des § 4a Abs. 1 GebrMG (§ 35 Abs. 1 PatG) zu erfüllen. Nachdem eine vollständige Übersetzung mit der Beschwerde eingereicht worden sei, hätte zudem der Beschwerde unverzüglich abgeholfen werden müssen. Die Entscheidung zeigt, dass es die Gebrauchsmusterstelle hätte wissen müssen, dass es sich bei der zur Einleitung der nationalen Phase eingereichten Übersetzung keinesfalls um eine solche handeln konnte, die eine Rücknahmefiktion auszulösen vermochte. Zusätzlich wird deutlich, dass bei der Übersetzung von Anmeldeunterlagen und dem Umgang mit diesen Übersetzungen durch die Ämter Vorsicht geboten ist.