BPatG: Erstattung von „Doppelvertretungskosten“ im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren

Das BPatG hatte im Rahmen einer Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zu klären, ob die Kosten eines Patentanwalts und die eines Rechtsanwalts erstattungsfähig sind, wenn die Beteiligten parallel auch einen Verletzungsstreit geführt haben und für die Antragstellerin in beiden Verfahren ein anwaltlicher Vertreter mitgewirkt hat, der sowohl als Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt zugelassen ist (BPatG, Beschuss v. 22.02.2023, Az. 35 W (pat) 11/21).

Die Antragstellerin hatte in ihrem Löschungsantrag bereits darauf hingewiesen, dass die kanzleiangehörigen „Patentanwälte“ mit der Vertretung im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren beauftragt seien und den kanzleiangehörigen „Rechtsanwälten“ die Mitwirkung im Verfahren obliege. Im Folgenden übernahm der in erster Linie mit der Durchführung des parallelen Verletzungsverfahrens beauftragte Rechtsanwalt, der zugleich als Patentanwalt zugelassen ist, auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren eine wesentliche, den Verfahrensgang mitgestaltende Funktion.

Das BPatG ging davon aus, dass bei einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren die Anwendung der Grundsätze des BGH, die dieser bei der Erstattungsfähigkeit von „Doppelvertretungskosten“ im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren anwendet, geboten sei, und sprach der Antragstellerin die Erstattung der „Doppelvertretungskosten“ als notwendige Kosten i. S. v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu. Wesentlich sei dabei der Abstimmungsaspekt. Insoweit liege eine vergleichbare Sach- und Interessenlage im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor. Die Grundlage bilde nach vorstehender BGH-Rechtsprechung eine typisierende Betrachtungsweise.

Dem Erstattungsanspruch stand nach Ansicht des BPatG auch nicht die bereits kurze Zeit nach Einreichung des Löschungsantrags erfolgte Aussetzung des Verletzungsverfahren und die nicht stattgefundene Wiederaufnahme des Verfahrens während des laufenden Löschungsverfahrens entgegen. Die Aussetzung des Verletzungsverfahrens habe nicht zum Wegfall des Abstimmungsbedarfs im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren geführt. Bei einer Aussetzung müsse stets Sorge dafür getragen werden, dass das parallele Verletzungsverfahren wieder aufgenommen werde. Dies führe dazu, dass bei der weiteren Führung des Löschungsverfahrens ggf. in vorausschauender Weise Handlungen vorbereitet werden müssten. Auch diese bedürften der Abstimmung und erforderten damit das Zusammenwirken von Patentanwalt und Rechtsanwalt. Das Gebot, für eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfahren und Verletzungsrechtsstreit berücksichtigende Verfahrensführung zu sorgen, falle erst dann weg, wenn ein entsprechender Verfügungsantrag oder eine Verletzungsklage abschließend erledigt sei.

Fazit

Führen die Beteiligten eines Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens parallel einen Verletzungsstreit vor dem Landgericht, ist das Mitwirken eines Rechtsanwalts im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren neben dem Patentanwalt notwendig.

Die Kosten für einen sowohl als Patent- als auch als Rechtsanwalt qualifizierten Verfahrensbevollmächtigten sind in beiden Funktionen zu erstatten, wenn die kanzleiangehörigen Patentanwälte mit der Vertretung im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren beauftragt waren, während den kanzleiangehörigen Rechtsanwälten das Mitwirken im Verfahren oblag.

BPatG, Beschluss v. 22.02.2023, Az. 35 W (pat) 11/21