BGH zur Gerätevergütung nach § 54 UrhG

In der Entscheidung „externe Festplatten“ vom 16.03.2017 (Az. I ZR 35/15) hat der BGH u. a. klargestellt, dass die Vergütungspflicht für Geräte und Speichermedien nach § 54 UrhG nicht erst durch das Aufstellen eines Tarifs begründet wird.

Hintergrund:

Die Bestimmungen der §§ 54 ff. UrhG über die Vergütungspflicht von Vervielfältigungsgeräten und Speichermedien wurden durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26.10.2007 (BGBl. I, S. 2513) mit Wirkung zum 01.01.2008 neu geregelt.

Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, dass es nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vervielfältigt wird, so steht dem Urheber zum einen nach § 54 Abs. 1 UrhG gegen den Hersteller und zum anderen nach § 54b Abs. 1 UrhG gegen den Importeur und Händler von Geräten und Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird, ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu, der gemäß § 54f UrhG durch einen Auskunftsanspruch ergänzt wird. Beide Ansprüche können gemäß § 54h UrhG durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

Sachverhalt:

Dem aktuellen Urteil lag ein Rechtsstreit zwischen der klagenden Herstellerin und dem beklagten Zusammenschluss von Verwertungsgesellschaften zugrunde.

Die Beklagte hatte am 03.11.2011 einen Tarif vom 25.10.2011 veröffentlicht, demzufolge für Multimedia-Festplatten, Netzwerkfestplatten und externe Festplatten für die Zeit ab dem 01.01.2008 bestimmte Vergütungen zu zahlen waren. Der Veröffentlichung vorausgegangen waren ergebnislose Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (bitkom) sowie dem Gesamtverband Informationskreis AufnahmeMedien (IM) über den Abschluss eines Gesamtvertrages.

Im Zeitraum zwischen dem 01.01.2008 bis zum 31.12.2010 hatte die Klägern Multimedia-Festplatten, Netzwerkfestplatten und externe Festplatten in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt bzw. solche Geräte importiert und im Inland in den Verkehr gebracht. Sie vertrat die Ansicht, für die von ihr in den Verkehr gebrachten Festplatten in dem betreffenden Zeitraum keine Vergütung zu schulden. Vor diesem Hintergrund hatte sie ursprünglich beantragt, das Nichtbestehen des Vergütungsanspruchs in dem betreffenden Zeitraum festzustellen.

Anschließend hatte die Beklagte Widerklage auf Auskunft, Feststellung der Zahlungspflicht in Höhe des veröffentlichten Tarifs und Zahlung der entsprechenden Vergütung erhoben, woraufhin die ursprüngliche Klage übereinstimmend für erledigt erklärt worden war.

Das Berufungsgericht hatte die Auskunft zugesprochen und die Verpflichtung der Klägerin unter Abweisung des weitergehenden Feststellungsantrags zur Zahlung einer gegenüber dem veröffentlichten Tarif geminderten Vergütung festgestellt.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die von beiden Parteien eingelegte Revision.

Entscheidung des BGH:

Die Revision hatte teilweise Erfolg.

Ohne Erfolg blieb die Revision der Klägerin, soweit diese die Verurteilung zur Auskunft angegriffen hatte. Nach Ansicht des BGH stand dem Vergütungsanspruch nicht entgegen, dass der Vergütungstarif von der Beklagten erst am 03.11.2011 veröffentlicht worden ist. Hierzu hält der BGH folgenden Leitsatz fest:

„Die Verpflichtung von Herstellern, Importeuren und Händlern zur Zahlung einer Vergütung für Geräte oder Speichermedien besteht kraft Gesetzes (§ 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG) und wird nicht erst durch das Aufstellen eines Tarifs oder den Abschluss eines Gesamtvertrags begründet. Desgleichen ergibt sich die Höhe dieser Vergütung aus dem Gesetz (§ 54a UrhG) und wird nicht erst durch von Verwertungsgesellschaften aufgestellte Tarife oder die als Tarife geltenden Vergütungssätze in Gesamtverträgen bestimmt.“

Der Tarif einer Verwertungsgesellschaft weise die Vergütung aus, welche die Verwertungsgesellschaft aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte fordere. Als bloße Angebote zum Abschluss eines Nutzungsvertrages seien solche Tarife unverbindlich. Die Angemessenheit eines einseitig aufgestellten Tarifs sei zudem durch die ordentlichen Gerichte nachprüfbar. Sofern das Vertragsangebot von Herstellern, Importeuren und Händlern nicht angenommen werde, ergebe sich die Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung aus dem Gesetz.

Ebenfalls ohne Erfolg blieb das Argument der Klägerin, die Erhebung der Vergütung bei Dritten setze voraus, dass diese die Möglichkeit zur Einpreisung und Weitergabe der Vergütung hätten; da die Beklagte es versäumt habe, rechtzeitig einen Tarif aufzustellen, sei sie aus Gründen des Vertrauensschutzes und unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rechtseinräumung an der Durchsetzung der Rechte gehindert. Hierzu führt der BGH in seinem zweiten Leitsatz aus:

„Ein Hersteller, Importeur oder Händler vergütungspflichtiger Geräte oder Speichermedien kann sich grundsätzlich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei zur Zahlung einer Vergütung nicht verpflichtet, weil er vor der Veröffentlichung eines Tarifs keine Kenntnis vom Bestehen einer Vergütungspflicht und von der Höhe der Vergütung haben und die Gerätevergütung daher nicht in den Gerätepreis einfließen lassen konnte.“

Die Revision der Parteien gegen die im Rahmen des Feststellungstenors vorgenommene Vergütungsbemessung hatte demgegenüber Erfolg. Nach Auffassung des BGH war die Berechnung der Vergütung durch das Berufungsgericht in entscheidenden Punkten nicht nachvollziehbar.

Mit Recht sei das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Anfertigen von Sicherheitskopien eine vergütungspflichtige Vervielfältigung darstelle. Die Klägerin hatte hierzu die Auffassung vertreten, das Anfertigen von Sicherheitskopien verursache keinen ausgleichspflichtigen Schaden, weil eine bloße Sicherung des originären Vervielfältigungsstücks nicht den kostenpflichtigen Erwerb eines Werkstücks ersetze.  Nach Ansicht des BGH hatte das Berufungsgericht jedoch ohne Rechtsfehler angenommen, dass Urheber für die Einräumung des Rechts, Sicherungskopien von Vervielfältigungsstücken ihrer zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch genutzten Werke anzufertigen, eine Lizenzgebühr beanspruchen könnten, wenn ihr ausschließliches Recht, derartige Vervielfältigungen zu verbieten oder gegen Zahlung einer Vergütung zu gestatten, nicht durch § 53 UrhG beschränkt wäre. Solche Sicherheitskopien hätten einen wirtschaftlichen Wert. Bei der Bemessung der Höhe der Lizenzgebühr nach der Lizenzanalogie sei allerdings zu beachten, dass vernünftige Lizenzvertragsparteien für das bloße Anfertigen einer Sicherheitskopie eine geringere Vergütung vereinbart hätten als für das Anfertigen einer Kopie, die der Nutzung des Werkes diene. Der BGH formuliert seinen dritten Leitsatz daher wie folgt:

„Das Anfertigen von Sicherungskopien stellt eine nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG vergütungspflichtige Vervielfältigung dar. Die Vergütung für das Anfertigen von Sicherungskopien ist geringer zu bemessen als die Vergütung für das Anfertigen von Kopien, die der Nutzung des Werkes dienen.“

Quelle: BGH, Urteil v. 16.03.2017, Az. I ZR 35/15 – externe Festplatten