BGH: Berücksichtigung der angegebenen Zielsetzung bei der Patentauslegung

Der BGH hatte sich im Zusammenhang mit einem auf ein „digitales Buch“ bezogenen Patent erneut mit der Auslegung von Patentansprüchen zu befassen und dabei festgehalten, dass eine in der Patentbeschreibung angegebene Zielsetzung in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist (BGH, Urteil v. 17.01.2023, Az. X ZR 112/20).

Der Schutzbereich des Patents wird nach § 14 S. 1 PatG durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind nach § 14 S. 2 PatG jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

In der von dem BGH zu entscheidenden Patentverletzungsklage betraf das Klagepatent ein digitales Buch mit einer Schnittstelle im Drehgelenk. Das Klagepatent enthält weder in den Patentansprüchen noch in der Beschreibung eine exakte Definition, welche Merkmale für den Begriff „digitales Buch“ im Einzelnen verwirklicht sein müssen.

In der Beschreibung des Klagepatents ist jedoch als Zielsetzung angegeben, die erfindungsgemäße Vorrichtung solle dem Benutzer die Möglichkeit zur einfachen Handhabung bieten. Hieraus schlussfolgerte der BGH, dass als digitales Buch nur Geräte anzusehen sind, die sowohl aufgrund ihrer Abmessungen und ihres Gewichts als auch aufgrund der Funktion und Anordnung ihrer Bedienelemente in vergleichbarer Weise zur Hand genommen werden können wie ein herkömmliches, nicht allzu voluminöses und schweres Buch.

Fazit

Eine in der Patentbeschreibung angegebene Zielsetzung ist bei der Auslegung des Patentanspruchs zu berücksichtigen. Enthalten weder die Patentansprüche noch die Beschreibung eine exakte Definition, welche Merkmale für einen in der Patentschrift verwendeten Begriff verwirklicht sein müssen, können sich aus der Zielsetzung die bestimmten Anforderungen an die erfindungsgemäße Vorrichtung ergeben.

BGH, Urteil v. 17.01.2023, Az. X ZR 112/20