BGH – Abgabe einer Unterlassungserklärung per E-Mail

Der BGH hatte über die Wirksamkeit einer lediglich per E-Mail und nicht schriftlich im Original abgegebenen Unterlassungserklärung zu befinden. Der Senat erachtete die Abgabe einer Erklärung im Original nicht für erforderlich.

Sachverhalt

Die Klägerin mahnte den Beklagten wegen unzulässiger E-Mail-Werbung ab und forderte diesen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. In der Abmahnung wies sie den Beklagten darauf hin, dass eine Versendung der Erklärung vorab per Telefax oder E-Mail genüge, sofern das Original im Nachgang eingehe.

Der Beklagte gab daraufhin eine inhaltlich dem Verlangen der Klägerin entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung per E-Mail ab und fügte einen PDF-Anhang mit einer unterschriebenen Fassung der Erklärung bei. Ein Original übermittelte die Beklagte nicht, auch nicht im Nachgang.

Die Klägerin beauftragte sodann einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung. Zudem teilte sie dem Beklagten mit, dass die Angelegenheit mit der Übersendung der E-Mail nicht erledigt sei.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens übermittelte der Beklagte der Klägerin eine unterzeichnete Unterlassungsverpflichtungserklärung im Original. Die Klägerin erklärte den Rechtsstreit daraufhin für erledigt. Der Beklagte widersprach der Erledigung.

Das Amtsgericht stellte fest, dass die Hauptsache erledigt sei und der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Auf die Berufung des Beklagten wies das LG Stuttgart die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte im Ergebnis zwar mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des BGH, wonach die Wiederholungsgefahr nur bei Annahme einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung entfalle, Erfolg.

Der BGH hatte sich im Rahmen seiner Entscheidung allerdings ebenfalls mit der Frage zu befassen, ob die Abgabe einer Unterlassungserklärung per E-Mail bzw. mittels PDF-Anhang formal ausreicht oder eine Übermittlung einer solchen Erklärung im Original erforderlich ist. Entgegen bisheriger Praxis folgte der BGH der zweiten Ansicht und ließ die Übermittlung eines PDF per E-Mail ausreichen.

Der BGH konstatierte, dass das Berufungsgericht die als PDF-Datei übersandte Erklärung zutreffend als ernstliche Unterwerfungserklärung behandelt habe, die grundsätzlich den Anforderungen an die Beseitigung der Wiederholungsgefahr genüge. Das Erfordernis der Ernstlichkeit schließe die Bereitschaft des Schuldners ein, dem Gläubiger die Erklärung auf dessen Verlangen auch in einer Form abzugeben, die im Streitfall die Durchsetzung ohne rechtliche Zweifelsgründe und Beweisschwierigkeiten ermögliche.

Vorliegend sei das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten keinem gesetzlichen Formzwang unterlag, da der Beklagte als Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes gehandelt habe. Eine von einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung unterliegt der Formfreiheit (§ 343 Abs. 1, § 350 HGB). Auch der Umstand, dass der Beklagte nicht dem Verlangen der Klägerin nachgekommen sei, ihr innerhalb der gesetzten Frist das Original der Erklärung zukommen zu lassen, stehe der Ernstlichkeit nicht entgegen.

Maßgeblich für die Frage der Ernstlichkeit der Erklärung sei nicht die Weigerung des Schuldners an sich, sondern vielmehr, ob sich aus der Nichteinhaltung der vom Gläubiger verlangten Form eine relevante Beeinträchtigung seiner Möglichkeit ergebe, aufgrund der vom Schuldner gewählten Übermittlung der Unterlassungsverpflichtungserklärung sein Unterlassungsbegehren ohne rechtliche Zweifelsgründe und Beweisschwierigkeiten – etwa mit Blick auf die einer bestimmten technischen Form der Übermittlung der Erklärung regelmäßig anhaftenden Zweifel hinsichtlich der rechtlichen Urheberschaft – durchzusetzen (vgl. BGH, GRUR 1990, 530 [juris Rn. 34 f.] – Unterwerfung durch Fernschreiben).

Das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, dass sich die Übermittlung von rechtsverbindlichen Erklärungen im Wege einer E-Mail im Geschäfts- und Rechtsverkehr durchgesetzt hat. Dass es dabei von unrichtigen tatsächlichen Umständen ausgegangen ist oder abweichenden Sachvortrag der Klägerin zu etwaigen mit der Verwendung von E-Mails regelmäßig verbundenen Beweisschwierigkeiten oder relevanten Zweifeln an der Urheberschaft des Absenders einer E-Mail unberücksichtigt gelassen hat, werde von der Revision nicht dargetan.

Solche Schwierigkeiten und Zweifel seien jedenfalls bei der im Streitfall in Rede stehenden, mittels E-Mail erfolgten Übersendung einer unterschriebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung im PDF-Format nicht ersichtlich. Die Beurteilung des Berufungsgerichts habe überdies zutreffend den technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Telekommunikation in den Blick genommen (zum Verfahrensrecht vgl. Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 5. April 2000 – Gms-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [juris Rn. 15]) und bei der nach den Gesamtumständen vorzunehmenden Bewertung der Ernstlichkeit der Unterlassungsverpflichtungserklärung berücksichtigt.

Anmerkung

Die Entscheidung des BGH ist mit Blick auf die Ausführungen zur Frage einer vermeintlichen Übermittlungspflicht eines Originals durchaus zu begrüßen, wobei an dieser Stelle zu den Ausführungen des Senats in Bezug auf den mangelnden Wegfall der Wiederholungsfall infolge der Zurückweisung der Unterlassungserklärung durch die Klägerin und die vom Senat zulasten des Beklagten angenommene Kostenlast trotz hinreichender Abgabe einer Unterlassungserklärung nicht weiter Stellung genommen werden soll. Hierzu sei nur angemerkt: Mit seiner Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung „Wiederholungsgefahr III“ (vgl. hierzu: https://www.cbh.de/news/geistiges-eigentum-medien-it/bgh-neues-zum-wegfall-der-wiederholungsgefahr/) hat der BGH der Praxis keinen Dienst erwiesen.

Auch wenn im kaufmännischen Verkehr nach der Entscheidung des Senats die Abgabe einer Unterlassungserklärung per E-Mail bzw. mittels PDF-Attachment ausreichen sollte, stellt sich die Frage, ob eine solche Verfahrensweise schuldnerseitig die beste Wahl ist. Zum einen ist zu bedenken, dass die Übermittlung einfacher E-Mails nicht selten scheitert, insbesondere bei Übermittlung von Anlagen, etc. Insbesondere die Gefahr, dass E-Mails als Spam eingeordnet und gar nicht erst geöffnet werden, ist dabei ein erhebliches Risiko. Jedenfalls bei rechtsanwaltlicher Vertretung dürfte es zielführender sein, eine Übermittlung einer Unterlassungserklärung auf einem sicheren Übermittlungsweg – hierfür bietet sich das beA an – vorzunehmen. Ungeachtet dessen ist ein Unterlassungsschuldner – wenn der Gläubiger die Vorlage im Original fordern sollte – im Zweifel gut beraten, gleichwohl ein Original zu übermitteln, um eine Zurückweisung bzw. mangelnde Annahme der Unterlassungserklärung und ein gerichtliches Vorgehen des Gläubigers zu vermeiden. Dass man aus Schuldnersicht überhaupt auf die Idee kommen muss, ein solches Vorgehen zu empfehlen, ist leider Folge der nach hiesiger Sicht eher unglücklichen Entscheidung in Sachen „Wiederholungsgefahr III“.

Quelle: BGH, Urteil vom 12.01.2023, Az. I ZR 49/22