Neues zur Entschädigung nach § 642 BGB

Mehrkosten wie gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Bestellers, aber erst nach dessen Beendigung anfallen, nämlich bei Ausführung der verschobenen Werkleistung, sind vom Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB nicht erfasst, so der BGH in seinem Urteil vom 26.10.2017, Az. VII ZR 16/17.

Ausgangspunkt dieser Entscheidung war das Urteil des KG vom 10.01.2017, Az.  21 U 16/16, welches viel Aufmerksamkeit erfahren hat. Denn das KG hatte in seinem Urteil nicht nur über § 642 dem Auftragnehmer Lohnsteigerungen, die nach Beendigung eines bauzeitverlängernden Annahmeverzuges bei Ausführung der verschobenen Werkleistung zum Tragen gekommen waren, als Entschädigung  zugesprochen, sondern darüber hinaus auch die Auffassung vertreten, dass es – anders als überwiegend in der Rechtsprechung gefordert – keiner weiteren Darlegung des Bauablaufs zur Begründung dieses Anspruchs nach § 642 BGB bedürfe, wenn jedenfalls nachvollzogen werden könne, dass und wie der Vermögensnachteil durch den Annahmeverzug des Bestellers verursacht worden sei. Sei dies, wie vorliegend, ohne weiteres möglich (wegen der Verlagerung der Ausführungszeit von 2008 in das Jahr 2011 und der zwischenzeitlich tariflich vereinbarten Lohnsteigerungen in der Baubranche), seien weitere Ausführungen zum Bauablauf oder gar eine bauablaufbezogene Darstellung des Gesamtvorhabens zur Begründung eines Anspruchs aus § 642 BGB nicht erforderlich. Die hohe Hürde, die der BGH mit dieser Vorgabe (bauablaufbezogene Darstellung) bis dahin Bauzeitnachträgen in den Weg gestellt hatte, schien damit in Teilen wieder aus dem Weg geräumt.

Ob künftig jedenfalls in Einzelfällen auf eine bauablaufbezogene Darstellung des Gesamtvorhabens getrost verzichtet werden darf, lässt der BGH in seinem Urteil vom 26.10.2017 ausdrücklich offen. Allerdings „kassiert“ er das Urteil des KG vom 10.01.2017 insoweit, als dass er klarstellt, dass jedenfalls solche Mehrkosten wie gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Bestellers aber erst nach dessen Beendigung anfallen (nämlich bei Ausführung der verschobenen Werkleistung), vom Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB nicht erfasst sind. Denn zeitliches Kriterium für die Berechnung der Entschädigungshöhe sei – so der BGH – nach dem Wortlaut des § 642 Abs. 2 BGB nur die Dauer des Verzugs, nicht jedoch dessen Auswirkung auf den weiteren Bauablauf. Dieser Umstand bilde – so der BGH weiter – ein gewichtiges Indiz dafür, dass eine Entschädigung nach § 642 BGB auch nur für die Dauer des Annahmeverzuges beansprucht werden könne. Dies bedeutet, dass die angemessene Entschädigung nach § 642 BGB nur für die Wartezeiten des Unternehmers gezahlt werden und eine Kompensation für die Bereithaltung von Personal, Gerät und Kapital darstellen. Mehrkosten, die aber dadurch anfallen, dass sich die Ausführung der Leistung des Unternehmers – etwa auf Grund von Lohn- oder Materialkostensteigerungen – verteuert, weil sie wegen des Annahmeverzugs des Bestellers infolge Unterlassens einer ihm obliegenden Mitwirkungshandlung zu einem späteren Zeitraum ausgeführt wird, sind danach nicht Gegenstand der nach § 642 BGB vom Unternehmer zu beanspruchenden Entschädigung.

Unterm Strich bleibt damit faktisch alles beim Alten. Die hohen Hürden, die der BGH für eine Geltendmachung von Bauzeitennachträgen nach und nach aufgebaut hat, bleiben in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte voraussichtlich auch weiterhin fest verankert. Per Urteil zugesprochene Bauzeitennachträge werden wohl weiterhin Seltenheitswert beanspruchen können.