Fehlende Gebäudeversicherung: Aufklärungspflicht des Verkäufers?

Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks muss den Käufer grundsätzlich nicht ungefragt darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht; ebenso wenig muss er ihn über eine nach Vertragsschluss erfolgte Beendigung einer solchen Versicherung informieren. Erklärt der Verkäufer dagegen vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages, dass eine Gebäudeversicherung besteht und wird das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des Eigentums beendet, trifft ihn die vertragliche Nebenpflicht, den Käufer hierüber unverzüglich zu unterrichten. Dies entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20. März 2020, Az. V ZR 61/19.

DER FALL

Der Verkäufer verkaufte dem Käufer ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen sowie die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten sollten mit dem Tag der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen. Vor Besitzübergang kündigte der Versicherer die durch den Verkäufer unterhaltene Wohngebäudeversicherung. Der Käufer wurde hierüber nicht informiert. Nach erfolgter Kaufpreiszahlung – also nach Gefahrübergang – kam es zu einem schweren Unwetter, wodurch das Dach des verkauften Hauses beschädigt wurde. Der Käufer verlangte vom Verkäufer Ersatz der Schadensbeseitigungskosten.

ENTSCHEIDUNG DES BUNDESGERICHTSHOFES

Ohne Erfolg – etwaige Schadensersatzansprüche des Käufers lehnte der Bundesgerichtshof, wie auch die Vorinstanzen, ab:

Ansprüche wegen eines Mangels des Kaufgegenstandes nach §§ 437 ff. BGB scheiden bereits angesichts der erst nach Gefahrübergang eingetretenen Schäden aus.

Mangels Pflichtverletzung des Verkäufers bestehen auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht: Eine vertragliche Verpflichtung des Grundstücksverkäufers gegenüber dem Käufer zu einer Versicherung der Kaufsache besteht grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1991 – V ZR 351/89 – zur Versicherung gegen Brandschaden). Der Verkäufer ist – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – auch nicht gehalten, eine im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bestehende Gebäudeversicherung aufrechtzuerhalten. Aus der Vorschrift des § 95 Abs. 1 VVG ergibt sich nichts Abweichendes. Anders liegt es nur dann, wenn der Verkäufer sich vertraglich zu der Aufrechterhaltung einer bestehenden bzw. zu dem Abschluss einer neuen Gebäudeversicherung verpflichtet hat. An einer solchen Verpflichtung des Verkäufers fehlt es hier aber.

Es bestand auch keine Pflicht des Verkäufers, den Käufer über den Wegfall des Gebäudeversicherungsschutzes zu unterrichten: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft die Vertragsparteien die vertragliche Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was die Erreichung des Vertragszwecks und den Eintritt des Leistungserfolgs gefährden und beeinträchtigen könnte. Nach Treu und Glauben kann auch eine Pflicht bestehen, den Vertragspartner auf bestimmte Umstände hinzuweisen, damit diesem nicht unverhältnismäßige, mit der vorangegangenen Vertragserfüllung zusammenhängende, Schäden entstehen. Eine Informationspflicht besteht aber nicht, wenn es sich um Umstände handelt, die in den eigenen Verantwortungsbereich des Vertragspartners fallen, und dieser unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung diesbezüglich keine Mitteilung erwarten durfte.

Danach muss der Verkäufer eines bebauten Grundstücks den Käufer grundsätzlich nicht ungefragt darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht; auch muss er ihn nicht über eine nach Vertragsschluss erfolgte Beendigung einer solchen Versicherung informieren. Zwar kann der Käufer ein Interesse an dem (Fort)Bestehen einer solchen Versicherung haben, da sie ihm schon ab dem Gefahrübergang Versicherungsschutz gewähren würde. Möchte er aber eine von dem Verkäufer abgeschlossene Versicherung nutzen, muss er sich bei diesem erkundigen, ob die Versicherung (noch) besteht. Wenn nämlich die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist und er die Nutzungen und Lasten der Sache zu tragen hat, ist er für das Grundstück und das hierauf errichtete Gebäude verantwortlich. Ihm obliegt deshalb auch die Entscheidung, ob und wie er die gekaufte Sache versichern will.

PRAXISHINWEIS

Den Grundstücksverkäufer treffen in aller Regel keine Aufklärungspflichten, wenn es sich um Umstände handelt, die in den Verantwortungsbereich ihres Vertragspartners fallen und dieser unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung keine Information erwarten durfte. Der Verkäufer eines privaten Grundstücks muss den Käufer daher grundsätzlich nicht ungefragt darüber informieren, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Gebäudeversicherung besteht; auch besteht keine Mitteilungspflicht im Falle des Wegfalls der (Gebäude-)Versicherung nach Abschluss des Kaufvertrages. Eine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten kommt allerdings in Betracht, wenn der Verkäufer vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages erklärt, dass eine Gebäudeversicherung besteht. Wird in diesem Fall das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des Eigentums beendet, trifft den Verkäufer in aller Regel die vertragliche Nebenpflicht, den Käufer hierüber unverzüglich zu unterrichten. Der Käufer sollte sich daher stets beim Verkäufer erkundigen, ob die Versicherung (noch) besteht, möchte er eine vom Verkäufer abgeschlossene Versicherung (weiter)nutzen. Fragt der Käufer nicht nach, kann der Verkäufer davon ausgehen, dass sich der Käufer selbst um den erforderlichen Versicherungsschutz kümmert.