Bundesregierung verlängert Gültigkeit des Erlasses vom 25. März 2022 zu Preisgleitklauseln

Um die Baubranche weiterhin vor einseitig belastenden Preissteigerungen zu schützen, können weiterhin (vorerst bis zum 31. Dezember 2022) in bereits bestehenden Verträgen Preisgleitklauseln aufgenommen werden. Dies regelt das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen in seinem Erlass vom 22. Juni 2022, mit dem der „Vorläufererlass“ modifiziert wird.

Unter Bezugnahme auf unseren Newsletter vom 21. April 2022 zum „Vorläufererlass“ vom 25. März 2022 stellen wir Ihnen in Kürze die wesentlichen Hervorhebungen (bauvertraglicher Natur) des aktuellen Erlasses vor:

1. Anwendungsbereich

Die Schwelle, ab der Stoffpreisgleitklauseln zu vereinbaren sind, wird von 1 % auf 0,5 % Stoffanteil an der Auftragssumme abgesenkt. Mit dieser Ausweitung des Anwendungsbereichs wird verhindert, dass sich mehrere, knapp unter 1 % liegende Stoffpositionen zu erheblichen Mehrbelastungen für das Unternehmen kumulieren.

Tatsächlich hat der Erlass weiterhin keine unmittelbare Auswirkung auf private Bauverträge. Dennoch sehen sich private Baubeteiligte denselben Problemkreisen (insbesondere Verlängerung von Ausführungsfristen sowie Preisanpassungsbegehren) ausgesetzt wie Träger öffentlicher Gewalt im Bereich von Bundesbaumaßnahmen. Nicht zuletzt deshalb enthalten die Erlasse eine Reihe wichtiger Orientierungshilfen, die auch für den privatvertraglichen Umgang mit der aktuellen Situation von Bedeutung sind.

2. Stoffpreisgleitklausel

Stoffpreisgleitklauseln sollen weiterhin sowohl in bestehenden als auch in neu abgeschlossenen Verträgen möglichst Berücksichtigung finden, um die regelmäßig beim Auftragnehmer liegende Preisgefahr abzudämpfen. Erneut bezieht sich der Erlass auf Stoffpreisgleitklauseln des Vergabehandbuchs für Baumaßnahmen des Bundes (VHB) Formblatt 225. Eine wesentliche Modifikation ist darin zu sehen, dass eine alternative Handhabung der Stoffpreisgleitklausel empfohlen wird. Diese basiert statt auf einem von der Bauverwaltung in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Preis auf dem tatsächlichen Angebotspreis des Unternehmens, das den Zuschlag erhält.

3. Anpassungen in bestehenden Verträgen

3.1 Anwendbarkeit von § 313 BGB

Im Unterschied zum vorherigen Erlass wird im aktuellen Erlass ausdrücklich festgehalten, dass eine nachträgliche Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln eine etwaige Unzumutbarkeit im Sinne von § 313 BGB aufhebt (eine weitere Preisanpassung nach § 313 BGB scheidet mithin aus).

Es wird erneut hervorgehoben, dass die Feststellung einer unzumutbaren Mehrbelastung für das Unternehmen in bestehenden Verträgen im Einzelfall getroffen werden muss. Eine feste Prozent- oder Betragsgrenze, ab deren Überschreiten solches stets anzunehmen sei, wird es weiterhin nicht geben, da dies durch die geltende Rechtslage nicht gedeckt ist.

3.2 Verlängerung von Ausführungsfristen

Mit dem Erlass wird erneut betont, dass im Bereich von VOB/B-Verträgen eine Verlängerung von Vertragslaufzeiten gem. § 6 VOB/B möglich ist.

In diesem Rahmen wurde nochmals hervorgehoben, dass an den Nachweis der momentanen Nichtverfügbarkeit von Materialien keine überspannten Anforderungen zu stellen sind.

3.3 Vor Kriegsbeginn geschlossene Verträge

Der aktuelle Erlass konkretisiert den zeitlichen Anwendungsbereich der entsprechenden Hinweise für bereits vor Kriegsbeginn geschlossene Verträge dahin gehend, dass nur solche Preissteigerungen der Gleitung unterworfen werden dürfen, die nach Kriegsausbruch am 24. Februar 2022 eingetreten sind.

3.4 Laufzeit von Stoffpreisgleitklauseln

Weiterhin wurde mit dem aktuellen Erlass klargestellt, dass nachträglich vereinbarte Stoffpreisgleitklauseln bis zum jeweiligen Vertragsende weitergelten sollen. Dies soll insbesondere auch dann gelten, wenn die zugrunde liegenden Erlasse währenddessen ihre Gültigkeit verlieren.

4. Selbstbehalt

Nachträglich vereinbarte Preisgleitklauseln waren bisher mit einem erhöhten Selbstbehalt für das Unternehmen in Höhe von 20 % versehen. Der Selbstbehalt wird künftig auf den „normalen“ Satz von 10 % abgesenkt. Im Übrigen wirkt der Selbstbehalt, wie die Stoffpreisgleitklausel im Ganzen, in beide Richtungen. Sinken Einkaufpreise unter das kalkulierte Maß, kann das Unternehmen bis zu 10 % der Einsparung für sich behalten, ohne den Auftraggeber daran beteiligen zu müssen.

5. Fazit

Zweifelsohne ist in der Verlängerung und Anpassung des Erlasses eine weitere Entlastung der Auftragnehmer in der Baubranche zu sehen. Zwar werden sich alleine hierdurch die Baustoffmärkte an sich nicht entspannen, Bauvertragsparteien (auch private) können allerdings die Hinweise und Empfehlungen aus dem Erlass als Orientierungshilfe heranziehen, um hierdurch eine Gefährdung ihrer Vertragsdurchführung abzufedern. Die konkrete Ausgestaltung eines etwaigen Nachtrags zum (privaten) Bauvertrag samt Preisgleitklausel kann Einzelfällen gerecht werden, aber auch gleichzeitig anwaltliche Begleitung erfordern.