BGH zur Reichweite des Entschädigungsanspruchs aus § 642 BGB

Der 7. Zivilsenat hat in seiner bisher unveröffentlichten Entscheidung vom 26.10.2017, Az. VII ZR 16/17, das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs des Auftragnehmers nach Beendigung des Annahmeverzugs (d. h. dem Stillstand der Bautätigkeit und einer daraus folgenden Verzögerung aufgrund vom Auftraggeber zu vertretender Gründe) verneint.

Dem Urteil des BGH ist eine Entscheidung des Kammergerichts mit Datum vom 10.01.2017, Az. 21 U 14/16, vorausgegangen. Über folgenden Sachverhalt hatten beide Gerichte zu befinden:

Der Auftragnehmer wurde von dem Auftraggeber mit der Errichtung einer Sprinkleranlage beauftragt. Die besonderen Vertragsbedingungen sahen als „verbindliche Vertragsfristen“ die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts zum Ende der 50. KW 2008 und des zweiten Bauabschnitts zum Ende der 40. KW 2010 vor. Die Bauarbeiten gingen allerdings wegen der Insolvenz eines Rohbauunternehmens und der verzögerten Planung durch den Architekten des Auftraggebers wesentlich langsamer voran, als dies nach dem Rahmenterminplan vorgesehen war. So führte der Auftragnehmer Leistungen betreffend den ersten Bauabschnitt noch im Jahre 2011 aus. In der Folge kam es zur Kündigung des Vertrags. In seiner Schlussrechnung weist der Auftragnehmer einen Nachtrag „Preiserhöhung aufgrund Bauzeitverlängerung für den Zeitraum 2011“ in Höhe von ca. 6.000 € aus. Grundlage dieses Nachtrags sollen gestiegene Lohn- und Materialkosten sein, die dem Auftragnehmer dadurch entstanden seien, dass er Teile seiner Arbeiten erst im Jahre 2011 ausführen konnte.

Das Kammergericht hat dem Auftragnehmer aus diesem Nachtrag einen Betrag von ca. 3.000 € auf Grundlage des § 642 BGB zugesprochen. Dies wird damit begründet, dass der Auftraggeber bei der Durchführung des Bauvertrags seinen zentralen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen sei. Aufgrund der dem Auftragnehmer verbindlich auferlegten Vertragsfristen hätte der Auftraggeber das Grundstück mit den erforderlichen Vorarbeiten bereitstellen und für eine zeitgerechte Übergabe der Planung sorgen müssen. Dies sei nicht geschehen, was wiederum dazu führte, dass der Auftragnehmer Leistungen des ersten Bauabschnitts noch im Jahr 2011 erbringen musste. Das Kammergericht kommt daher zu dem Schluss, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer die insoweit entstandenen wirtschaftlichen Nachteile gemäß § 642 BGB zu entschädigen habe. Hierzu gehörten auch Steigerungen der Lohn- und Materialkosten.

Der BGH teilt die Auffassung des Kammergerichts allerdings nicht. § 642 BGB gewähre dem Auftragnehmer eine angemessene Entschädigung dafür, dass er während der Dauer des Annahmeverzugs des Auftraggebers infolge des Unterlassens einer diesem obliegenden Mitwirkungshandlung Personal, Geräte und Kapital zur Herstellung der Werkleistung bereithält. Dagegen sei aus § 642 BGB kein Anspruch auf Entschädigung für Mehrkosten, etwa gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Auftraggebers, jedoch erst nach dessen Beendigung bei Ausführung der verschobenen Werkleistung anfallen, herzuleiten.

Quelle: Vortrag des Vorsitzenden Richters des 7. Zivilsenats Dr. Eick am 10.11.2017 in München