Der Abnahme stehen unwesentliche Mängel und Restarbeiten nicht entgegen

Das OLG Köln hat in seinem Urteil vom 28.10.2020, Az. 17 U 44/16, festgehalten, dass bei unberechtigter Abnahmeverweigerung wegen geringfügiger Mängel und Restarbeiten das Werk als abgenommen gilt. In diesem Fall sei es dem Auftraggeber zuzumuten, das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß abzunehmen.

Sachverhalt

Die Parteien sind durch einen Bauträgervertrag miteinander verbunden. Mit notariellem „Kaufvertrag“ vom 22.06.2011 erwarb die Klägerin von der Beklagten einen Miteigentumsanteil der Wohnungseigentumsanlage „II Castello“. Der Bauträgervertrag enthält die Regelung, dass die Käufer die Abnahmeerklärung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen, der ausschließlich von den Käufern anlässlich ihrer ersten Eigentümerversammlung bestimmt und beauftragt wird und der jeden einzelnen Käufer bis auf Widerruf nur in technischer Hinsicht vertritt, vorbereiten. Nach der Abnahmebegehung mit dem durch die WEG ausgewählten Sachverständigen übersandte die Beklagte der Klägerin eine Kopie des Abnahmeprotokolls verbunden mit der Aufforderung zur Gegenzeichnung. Das Abnahmeprotokoll enthielt den Hinweis, dass die Abnahme vollzogen sei und die Beseitigung der durch den Sachverständigen aufgelisteten Mängel bis zum 30.09.2012 erfolgen werde. Als Gewährleistungsbeginn war das Datum der Abnahmeerklärung durch den Sachverständigen vermerkt. Außerdem ist der Klägerin erklärt worden, dass das Gemeinschaftseigentum – bis auf die aufgelisteten Mängel – als durch die Klägerin abgenommen gelte, wenn das Abnahmeprotokoll nicht in einem Zeitraum von 30 Tagen unterschrieben zurückgesandt werde, es sei denn, die Klägerin widerspreche der Abnahme ausdrücklich.

In der Folge verweigerte die Klägerin die Abnahme ausdrücklich und begründete die Abnahmeverweigerung u. a. mit dem Hinweis auf die durch den Sachverständigen erstellte Mängelliste und war der Auffassung, dass das Gemeinschaftseigentum nicht abnahmefähig sei. Der Hinweis der Beklagten, dass der Sachverständige die Abnahmereife des Gemeinschaftseigentums festgestellt habe, überzeugte die Klägerin nicht. Die Klägerin beabsichtigte sodann mit Klageerhebung die Feststellung, dass das Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen worden sei.

Entscheidung

Das OLG Köln stellte in seinem Urteil ausdrücklich heraus, dass der Besteller bei geringfügigen Mängeln (Reinigung, Beschilderung und Beschriftung, fehlende Steckdose usw.), die im Verhältnis zum Gemeinschaftseigentum als unwesentlich i. S. d. § 640 Abs.1 Satz 2 BGB a. F. einzustufen sind, die Abnahme nicht verweigern darf. Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass für die Verweigerung der Abnahme objektiv erkennbare Mängel vorliegen müssten, die zur Abnahmeverweigerung berechtigten könnten. Hierzu führt das Gericht wie folgt aus:

„Besteht Abnahmereife, dann ist die Bestellerin zur Abnahme verpflichtet. Mit Ablauf der von der Beklagten gesetzten Frist zur Abnahme gilt das Gemeinschaftseigentum gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. als abgenommen. Hierbei ist auf die konkrete Abnahmesituation abzustellen und die Abnahmereife danach zu beurteilen, ob der Besteller wegen erkennbarer Mängel (subjektiv) hätte Anlass haben können, die Abnahme zu verweigern (Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 26.05.2009, § 640 Rn. 75). Demgegenüber hat die Klägerin nach eigener Darstellung zum damaligen Zeitpunkt keine – weiteren – objektiv erkennbaren Mängelrügen ‚vor Augen gehabt‘, die sie zu einer Verweigerung der Abnahme als im Wesentlichen vertragsgemäß hätten berechtigen können.“

Das Gericht stellt heraus, dass sowohl nach der Verkehrsauffassung als auch nach dem Interesse der Klägerin als Bestellerin an einem mangelfreien Werk die festgestellten Mängel unbedeutende Beeinträchtigungen darstellten, die bezogen auf den Herstellungsaufwand der Gesamtanlage mit einem geringen Aufwand für die Beklagte als Unternehmerin zu beseitigen waren. Daher war es vorliegend der Klägerin zuzumuten, das Gemeinschaftseigentum abzunehmen.

Praxishinweis

Ausweislich der vorstehenden Ausführungen des Gerichts ist festzustellen, dass das Interesse des Bestellers an dem Erhalt einer mangelfreien Werkleistung im ausgewogenen Verhältnis zu dem Interesse des Auftragnehmers an der Abnahme seiner Leistung stehen muss. Der Besteller hat daher bei Würdigung von Mängeln abzuwägen, ob die festgestellten Restarbeiten und Mängel unter Berücksichtigung der Gesamtumstände tatsächlich derart gravierend sind, dass die Abnahme verweigert werden kann. Dabei sind die festgestellten Mängel mit der gesamten Werkleistung ins Verhältnis zu setzen und die Zumutbarkeit der Abnahme objektiv zu beurteilen.

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Dr. Carolin Dahmen

Dr. Carolin Dahmen

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