Gezielte Behinderung eines Mitbewerbers durch Abwerbeanrufe bei Arbeitnehmern auf privaten Mobilfunknummern am Arbeitsplatz

In seinem Beschluss vom 08.08.2019 (Az. 6 W 70/19) hat sich das OLG Frankfurt a.M. mit der gezielten Behinderung eines Mitbewerbers gem. § 4 Nr. 4 UWG aufgrund von Abwerbeanrufen am Arbeitsplatz auf privaten Mobilfunknummern von Arbeitnehmern eines Mitbewerbers auseinandergesetzt.

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin zu 2) kontaktierte eine Arbeitnehmerin der Antragstellerin unter ihrer privaten Mobilfunknummer, um diese zu einem Wechsel von der Antragstellerin zur Antragsgegnerin zu 1) zu bewegen. Zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Anrufs befand sich die Arbeitnehmerin der Antragstellerin an ihrem Arbeitsplatz. Das Telefonat dauerte 12 Minuten.

Die Antragstellerin erblickte in diesem Anruf einen Wettbewerbsverstoß aufgrund gezielter Behinderung und machte einen entsprechenden Unterlassungsanspruch im Wege eines einstweiligen Verfügungsantrags geltend.

Entscheidung

Das OLG Frankfurt a.M. stellt im Rahmen der sofortigen Beschwerde zugunsten der Antragstellerin fest, dass dieser ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 4, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG dahin gehend zustehe, dass die Antragsgegnerinnen es zu unterlassen haben, Arbeitnehmer der Antragstellerin während ihrer Arbeitszeit unter ihrem privaten Mobilfunkanschluss mit dem Ziel anzusprechen, diese zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Antragstellerin und/oder dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit der Antragsgegnerin zu 1) zu bewegen und das Gespräch fortzusetzen, ohne sich durch eine Nachfrage zu Beginn des Gesprächs zu vergewissern, dass sich der Mitarbeiter nicht an seinem Arbeitsplatz befinde. Hiervon ausgenommen sei lediglich eine nur erstmalige telefonische Kontaktaufnahme von maximal zehn Minuten.

In seiner Begründung führt der Senat aus, dass die über eine erste kurzfristige Kontaktaufnahme hinausgehende Ansprache eines Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz zum Zwecke der Abwerbung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH eine gezielte Behinderung des Arbeitgebers gem. § 4 Nr. 4 UWG darstelle. Hiervon sei grundsätzlich auch dann auszugehen, wenn die Kontaktaufnahme zwar über einen privaten Mobilfunkanschluss, aber dennoch am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers erfolge. So werde nämlich auch in einem solchen Fall in den Betriebsablauf des Arbeitgebers in unverhältnismäßiger Weise eingegriffen.

Das Gericht stellt aber klar, dass aufgrund dessen, dass der Anrufer bei einem Anruf unter einer privaten Mobilfunknummer nicht sicher wissen könne, ob sich der angerufene Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz befinde oder nicht, dieser bei einem über den Erstkontakt hinausgehenden Telefonat zu Beginn des Gesprächs erfragen müsse, ob sich der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz befinde. Sei dies der Fall, müsse das Gespräch sofort beendet werden. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass diese Grundsätze im Übrigen unabhängig davon gelten würden, ob der unternommene Abwerbeversuch inhaltlich zu beanstanden sei oder nicht.

Der streitgegenständliche Anruf der Antragsgegnerin zu 2) sei daher im Ergebnis als unlauter zu qualifizieren. Ziel dessen sei gewesen, die Arbeitnehmerin der Antragstellerin zu einem Wechsel zur Antragsgegnerin zu 1) zu veranlassen. Da sich die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Anrufs an ihrem Arbeitsplatz befunden habe, könne dahinstehen, ob der Anruf im Hinblick auf die zuvor gewechselten E-Mails noch als Erstkontakt angesehen werden könne. Aufgrund der Länge des Gesprächs von zwölf Minuten habe das Gespräch jedenfalls die zulässige Dauer eines solchen Erstkontakts überschritten. Unter diesen Umständen wäre das Gespräch nur dann als lauter zu qualifizieren gewesen, wenn die Antragsgegnerin zu 2) zu Beginn des Gesprächs bei der Arbeitnehmerin erfragt hätte, ob sich diese an ihrem Arbeitsplatz befinde, und diese dies wahrheitswidrig verneint hätte.

Die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 1) für den vorliegenden Wettbewerbsverstoß folge aus § 8 Abs. 2 UWG.

Abschließend konstatiert der Senat, dass der gestellte Unterlassungsantrag jedoch in dem Umfang zu weitgehend sei, als er den Antragsgegnerinnen jegliche Anrufe zu Abwerbezwecken unter einem privaten Mobilfunkanschluss des Arbeitnehmers unabhängig von der Möglichkeit verbiete, sich bei der angerufenen Person zu vergewissern, ob diese sich an ihrem Arbeitsplatz befinde, und das Gespräch in Abhängigkeit von der Antwort zu beenden. In diesem Umfang hat das OLG die Beschwerde daher zurückgewiesen.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 08.08.2019, Az. 6 W 70/19