BGH: EuGH-Vorlage zur Frage der Klagebefugnis unter dem UWG bei Verstößen gegen die DS-GVO

Der Bundesgerichtshof hat dem EuGH mit Beschluss vom 28.05.2020 (Az. I ZR 186/17) die Frage vorgelegt, ob Mitbewerber, Verbände, Einrichtungen und Kammern im Sinne von § 8 Abs. 3 UWG befugt sind, wegen Verstößen gegen die DS-GVO selbstständig, d.h. ohne Auftrag einer konkret verletzten betroffenen Person, vor den Zivilgerichten zu klagen. Damit soll die umstrittene Frage geklärt werden, ob die DS-GVO eine abschließende Regelung diesbezüglich enthält oder auch eine selbstständige Klagebefugnis von Verbänden und insbesondere auch Wettbewerbern besteht.

Hintergrund 

Die Frage nach der Klagebefugnis unter dem UWG bei DS-GVO-Verstößen wurde schon vor Inkrafttreten der DS-GVO thematisiert. Gerade in Bezug auf die Frage einer Klagebefugnis von Wettbewerbern ist das Meinungsbild derzeit uneinheitlich und die Rechtslage damit unklar. Noch im Februar dieses Jahres hatte sich das OLG Stuttgart mit der Thematik befasst, Art. 13 DS-GVO zur Marktverhaltensregel erklärt und den Anwendungsbereich des UWG eröffnet. Die DS-GVO enthalte keine abschließende Regelung für die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung.

Im vorliegenden Streitfall ging es (nur) um den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der sich für die Geltendmachung von Datenschutzverstößen in Facebooks „App-Zentrum“ für klagebefugt hielt. Dort war bei mehreren Spielen unter einem Button „Sofort spielen“ die Information zu lesen „Durch das Anklicken von „Spiel spielen“ oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“ Nach Ansicht des vzbv handelte es sich dabei nicht um eine wirksame Einwilligung, zur Klagebefugnis berief er sich auf § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.

Entscheidung

Unter der Prämisse des alten Datenschutzrechts sprachen beide Vorinstanzen dem vzbv die Klagebefugnis aus Art. 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG zu. Das KG führte dazu im Leitsatz aus, die Datenschutzrichtlinie erlasse es den Mitgliedsstaaten, geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der vollen Anwendung der Richtlinie sicherzustellen. Die wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis der Verbraucherschutzverbände gehöre dazu. Damit befand es sich schon damals auf der Seite des EuGH, der im Juli 2019 (Rechtssache C-40/17 – Fashion ID) entschied, dass die Regelungen der Datenschutzrichtlinie einer Klagebefugnis von Verbänden nicht entgegenstehen.

Der BGH führte nunmehr jedoch aus, dass dieser Entscheidung nicht zu entnehmen sei, ob diese Klagebefugnis unter Geltung der an die Stelle der Datenschutzrichtlinie getretenen DS-GVO fortbestehe. Die Frage sei in der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie der Literatur umstritten. Einerseits werde die DS-GVO als abschließend betrachtet, weshalb immer die Voraussetzungen des Art. 80 DS-GVO, also insbesondere ein Auftrag einer betroffenen Person, vorliegen müssten. Andere Stimmen, wie das OLG Stuttgart in der angesprochenen Entscheidung, seien jedoch der Auffassung, Verbände und insbesondere auch Private seien befugt, Unterlassungsansprüche selbstständig im Wege der Klage vor den Zivilgerichten geltend zu machen. Dementsprechend setzte der BGH das Verfahren aus und legte die Sache dem EuGH vor.

Anmerkung

Erfreulicherweise nutzt der BGH die Gelegenheit, die äußerst praxisrelevante Frage der Klagebefugnis von Wettbewerbern und Verbänden einer abschließenden Klärung zuzuführen.

Insbesondere für Unternehmen wird der Ausgang dieses Verfahrens äußerst interessant. Eine Bejahung der Verfolgbarkeit von DS-GVO-Verstößen unter dem UWG durch den EuGH könnte eine Unmenge neuer Abmahn- und Klageverfahren nach sich ziehen. Bislang ist es in diesem Bereich entgegen den vor Inkrafttreten der DS-GVO kommunizierten gegenteiligen Befürchtungen relativ ruhig geblieben. Das könnte sich also deutlich ändern.

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Dr. Sascha Vander, LL.M.

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