Späte Genugtuung für Kartellwächter: BGH bestätigt Unzulässigkeit von „Hochzeitsrabatten“

Mit Urteil vom 23.01.2018 hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit um Lieferantenrabatte nach der Übernahme der Plus-Filialen durch das Unternehmen EDEKA in letzter Instanz eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und in wichtigen Punkten die Auffassung des Bundeskartellamts bestätigt (BGH, Az. KVR 3/17, Urteil vom 23.01.2018).

Hintergrund

Im Zuge der Übernahme der Plus-Filialen durch EDEKA hatte EDEKA (mit weitem Abstand Marktführer im deutschen Lebensmitteinzelhandel) die übernommenen ca. 2.300 Filialen zum Großteil seiner eigenen Discount-Kette Netto zugeschlagen.

Nach den Feststellungen des Bundeskartellamts im Jahre 2014 ist EDEKA im Anschluss daran gegenüber seinen Lieferanten mit Rabattforderungen aufgetreten, die gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung verstoßen haben. Namentlich hat EDEKA u. a. von seinen Lieferanten, die bislang ausschließlich die Edeka-eigenen Netto-Filialen beliefert haben, eine Anpassung an vereinzelt von Plus ausgehandelte Konditionen verlangt. Konkret in Rede standen insoweit Sonderverhandlungen zwischen EDEKA und vier Sektherstellern.

Nachdem das Bundeskartellamt gegenüber EDEKA eine Abmahnung wegen missbräuchlicher Forderungen gegenüber Lieferanten ausgesprochen hat, ist EDEKA gegen diese Entscheidung des Bundeskartellamts gerichtlich vorgegangen. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf konnte sich das Unternehmen vollumfänglich durchsetzen. Das Oberlandesgericht hatte namentlich die Sonderverhandlungen zwischen EDEKA und den vier Sektherstellern als Verhandlung annähernd gleichstarker Partner gewertet. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen könnten daher nicht als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch EDEKA gewertet werden.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat nun diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in wesentlichen Teilen aufgehoben und die Auffassung des Bundeskartellamts in wichtigen Punkten bestätigt. Nach der Entscheidung des BGH ist es insbesondere nicht zulässig, im Wege eines „Rosinenpickens“ die unterschiedlichen Konditionenpakte miteinander zu vergleichen und sich jeweils die günstigsten Konditionen herauszusuchen und diese künftig von den Lieferanten einheitlich zu verlangen. Vielmehr müsse das jeweilige Gesamtpaket berücksichtigt werden, auf welches sich der jeweilige Lieferant vertraglich eingelassen habe. Eine Anpassung der EDEKA-Konditionen an einzelne, günstigere Konditionsbestandteile von Plus sei daher missbräuchlich.

Weiter hat der BGH die Auffassung des Bundeskartellamts dazu bestätigt, dass im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses auch keine Zahlungen wie etwa eine „Partnerschaftsvergütung“ gefordert werden dürfe, denen seitens des Unternehmens keine Gegenleistung gegenübersteht. EDEKA habe mit einer solchen Forderungen gegen das sog. wettbewerbsrechtliche „Anzapfverbot“ (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB) verstoßen.

Entsprechend erfreut zeigte sich das Bundeskartellamt über die Entscheidung des BGH. Sie zeige – so lässt sich Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt zitieren – dass das kartellrechtliche Verbot des Missbrauchs von Verhandlungsmacht greife. Ein hartes Verhandeln bleibe möglich, ein Missbrauch von Marktmacht sei demgegenüber verboten.

Konsequenzen der Entscheidung

Ob die Entscheidung die zunehmende Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel und die mit der Konzentration einhergehende Verhandlungsmacht auf Seiten der einkaufenden Lebensmittelunternehmen abmildert, bleibt abzuwarten. Für „verhandlungsmächtige“ Unternehmen gilt es jedenfalls, im Rahmen von Verhandlungen darauf zu achten, die schmale Grenze zwischen erlaubtem harten Verhandeln und unzulässigem Missbrauch von Verhandlungsmacht tunlichst nicht zu überschreiten.