„Zu-Eigen-Machen“ durch Teilen in sozialen Netzwerken

Wer in einem sozialen Netzwerk Beiträge Dritter teilt und diese positiv kommentiert, macht sie sich unter Umständen zu eigen. Das hat das OLG Dresden mit Urteil vom 07.02.2017, Az. 4 U 1419/16, entschieden.

Der Fall

Im konkreten Fall ging es darum, ob die in einem Zeitungsartikel aufgestellte Behauptung, der Verfügungskläger habe einen Vergleich zwischen der Bundeskanzlerin und Hitler gezogen, der Wahrheit entspricht. Der Verfügungskläger hatte in einem sozialen Netzwerk den Online-Artikel eines Dritten geteilt, in dem ein solcher Vergleich gezogen wurde. Sein Posting, mit dem der Verfügungskläger den Online-Artikel teilte, kommentierte er damit, dass der Artikel „zu erwägenswert“ sei, „um ihn zu unterschlagen“.

Die Entscheidung

Das Gericht sah in dem Teilen und der beigefügten „dringlichen Leseempfehlung“ ein sich „Zu-Eigen-Machen“ des Inhalts des geteilten Artikels durch den Verfügungskläger. Die angegriffene Tatsachenbehauptung, der Verfügungskläger habe den Vergleich zwischen der Bundeskanzlerin und Hitler gezogen, sei deshalb wahr.

Das Gericht stellte klar, dass ein „Zu-Eigen-Machen“ nicht allein schon durch das bloße Teilen erfolgt. Die Teilen-Funktion diene in erster Linie dazu, auf Inhalte anderer hinzuweisen und diese zu verbreiten. Mit dieser Begründung hatte auch das OLG Frankfurt mit Urteil vom 26.11.2015, Az. 16 O 64/15, ein „Zu-Eigen-Machen“ durch Teilen abgelehnt. Etwas anderes gelte aber dann, wenn der geteilte Inhalt mit einer positiven Bewertung verbunden werde.

Das „Zu-Eigen-Machen“ fremder Äußerungen setzt voraus, dass die fremden Äußerungen in den eigenen Gedankengang eingefügt werden und die Äußerungen so als eigene erscheinen. In der positiven Kommentierung und Leseempfehlung des Verfügungsklägers sah das Gericht einen Beleg dafür, dass sich der Verfügungskläger mit dem geteilten Artikel inhaltlich auseinandergesetzt, die geäußerten Positionen mit seinen eigenen abgeglichen hat und zu dem Ergebnis kam, dass er diesen Artikel seinen Freunden im sozialen Netzwerk nicht vorenthalten könne. Eine irgendwie geartete Distanz zu dem geteilten Artikel sei nicht erkennbar.

Die Behauptung, der Verfügungskläger habe den Vergleich gezogen, sei deshalb wahrheitsgemäß. Dem durchschnittlichen Leser des die angegriffene Behauptung enthaltenden Zeitungsartikels sei bewusst, dass Meinungen in sozialen Netzwerken nicht ausschließlich durch eigene Texte verbreitet würden, sondern eben auch durch das Teilen von anderen Inhalten.

Konsequenzen

Wer sich Inhalte anderer zu eigen macht, haftet für diese Inhalte wie für eigene Inhalte. Nimmt man die Entscheidung des OLG Dresden ernst, käme z. B. auch eine Haftung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen in geteilten und (durch beigefügte, positive Kommentare) zu eigen gemachten Beiträgen Dritter in Betracht.

Hinweis Leitfaden Social Media

Der Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V. hat unter dem Titel „Urheberrecht bei Social Media: Worauf Sie beim Teilen und Liken achten sollten“ ein kostenfrei zum Download bereitstehendes eBook veröffentlicht, welches in kurzer Form rechtliche und tatsächliche Aspekte der Schnittmenge von Social Media und Urhberrecht beleuchtet. Neben einigen Ausführungen zu urheberrechtlichen Implikationen finden sich unter anderem Definitionen zu den wichtigsten Social Media Diensten und den dort genutzten Formen der Kommunikation.

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Rechtsanwältin Karina Grisse
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