Umfang der Informationspflichten gemäß Art. 7 Abs. 4 UGP-RL in einer Werbeanzeige für Produkte auf einer Online-Verkaufsplattform

In seiner Entscheidung vom 30.03.2017 hat der EuGH zwei Vorlagefragen des BGH zur Auslegung von Art. 7 Abs. 4 RL 2005/29/EG (UGP-RL) beantwortet und im Rahmen dessen entschieden, dass für die Bestimmung des Umfangs der gemäß Art. 7 Abs. 4 UGP-RL zu liefernden Informationen die Umstände der Aufforderung zum Kauf, die Beschaffenheit und Merkmale des beworbenen Produkts sowie das gewählte Kommunikationsmedium maßgeblich sind.

Sachverhalt:

In dem Ausgangsverfahren hatte der Verband Sozialer Wettbewerb e. V. die DHL Paket GmbH auf Unterlassung der Veröffentlichung einer Werbung in einem Printmedium in Anspruch genommen.

Die DHL Paket GmbH betreibt die Online-Verkaufsplattform „MeinPaket.de“, über die gewerbliche Verkäufer Waren vertreiben. Entsprechende über die Plattform abgeschlossene Verträge kommen nicht mit der DHL Paket GmbH, sondern ausschließlich zwischen den dortigen gewerblichen Verkäufern und den Käufern zustande. Im Dezember 2012 warb die DHL Paket GmbH in einer Zeitung mit einer Werbeanzeige, auf der fünf verschiedene Produkte angeboten wurden, welche über ihre Verkaufsplattform erworben werden konnten. In der Anzeige wurde der Leser dazu aufgefordert, die entsprechende Webseite „MeinPaket.de“ aufzusuchen und dort den in der Anzeige aufgeführten Bestellcode zu dem jeweiligen Produkt einzugeben. Durch diese Vorgehensweise gelangte der Interessent zu der entsprechenden Produktseite, auf welcher ihm erstmalig der gewerbliche Verkäufer des Produkts angezeigt wurde. Unter dem Menüpunkt „Anbieterinformationen“ wurden dann sowohl die Firma als auch die Anschrift des Verkäufers aufgeführt.

Der Verband nahm die DHL Paket GmbH aufgrund der in Rede stehenden Werbung auf Unterlassung in Anspruch. Er war der Ansicht, dass diese in der Werbeanzeige sowohl Identität als auch Anschrift der gewerblichen Verkäufer der beworbenen Produkte hätte angeben müssen, und wertete die fehlende Angabe als Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Nach erfolgsloser Abmahnung verfolgte der Verband seinen Anspruch gerichtlich weiter. Nachdem ihm das mit der Klage befasste LG Bonn den entsprechenden Unterlassungsanspruch zugesprochen hatte, wurde das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der DHL Paket GmbH durch das OLG Köln abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen legte der Verband Revision beim BGH ein, welcher beschloss, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH hinsichtlich der Auslegung des Art. 7 Abs. 4 UGP-RL zwei Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AUEV vorzulegen.

Der BGH war der Auffassung, dass aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nicht zwangsläufig folge, dass bereits in einer Printwerbung, in welcher für den Erwerb der beworbenen Produkte zu dem Aufsuchen einer Online-Verkaufsplattform aufgefordert werde, die nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. b) UGP-RL geforderten Angaben aufgeführt werden müssten oder es ausreiche, wenn der Verbraucher diese Angaben auf einfache Weise auf der entsprechenden Webseite oder über diese Website erhalten könne.

Ferner war aus Sicht des Senats zweifelhaft, ob bei der Prüfung des Umfangs der sich aus Art. 7 Abs. 4 UGP-RL ergebenden Informationspflichten zu berücksichtigen sei, dass das in dem Printmedium werbende Unternehmen keine eigenen Produkte, sondern Produkte anderer gewerblicher Verkäufer bewerbe und die Verbraucher die geforderten Informationen erst in einem oder mehreren weiteren Schritten (Klicks) über eine Verlinkung mit den Webseiten dieser Verkäufer erhielten, die auf der in der Werbung ausschließlich angegebenen Webseite des Werbenden bereitgestellt würde.

Normenhinweis:

Art. 7 Abs. 4 UGP-RL wurde mit § 5a Abs. 3 UWG in deutsches Recht umgesetzt.

Buchstabe b) des Art. 7 Abs. 4 UGP-RL bestimmt:

„Im Falle der Aufforderung zum Kauf gelten folgende Informationen als wesentlich, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben

[…]

•    Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, wie sein Handelsname und gegebenenfalls Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, für den er handelt;

[…].“

Artikel 7 Abs. 1 UGP-RL regelt:

„Eine Geschäftspraxis gilt als irreführend, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.“

Entscheidung des EuGH:

In erster Linie stellt der EuGH in Übereinstimmung mit dem BGH fest, dass die streitgegenständliche Werbung der DHL Paket GmbH als „Aufforderung zum Kauf“ i. S. d. Art. 2 Buchst. i) UGP-RL zu qualifizieren sei. So könne der Verbraucher nämlich aufgrund der angezeigten Produktinformationen sowie der Preisangabe eine geschäftliche Entscheidung treffen. Der Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 4 UGP-RL ist dadurch eröffnet.

Nach dieser Vorschrift stellten Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden sowie Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, für den er handle, wesentliche Informationen dar.

Er führt weiter aus, dass die Anforderungen nach Art. 7 Abs. 4 UGP-RL unter Berücksichtigung des Abs. 1 anzuwenden seien, und nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf sein Urteil vom 12. Mai 2011 in der Rechtssache C-122/10. Art. 7 Abs. 1 UGP-RL bestimme nämlich, dass die Geschäftspraxis unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und der Beschränkung des Kommunikationsmediums zu beurteilen sei.

Darüber hinaus sei gemäß Art. 7 Abs. 3 UGP-RL bei der Beurteilung der Vorenthaltung von Informationen zu berücksichtigen, welche Maßnahmen der Gewerbetreibende getroffen habe, um dem Verbraucher die geforderten Informationen zu liefern, und welchen räumlichen und zeitlichen Beschränkungen dieser aufgrund der Wahl des Werbemittels unterlegen habe.

Er konstatiert, dass der Aufforderung zum Kauf grundsätzlich Angaben über Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden zu entnehmen sein müssten. Ausnahmen hiervon seien aber dann möglich, wenn durch das verwendete Werbemedium räumliche Beschränkungen bestünden, sofern der Verbraucher die erforderlichen Informationen auf einfache Weise auf der oder über die Webseite des werbenden Unternehmens zur Verfügung gestellt bekomme.

In diesem Zusammenhang macht der Senat deutlich, dass auch in den Fällen, in denen in einem Printmedium Produkte verschiedener Anbieter beworben werden, die in Art. 7 Abs. 4 UGP-RL genannten Angaben aufgeführt werden müssten, sofern dies unter Berücksichtigung der räumlichen Beschränkungen gemäß Art. 7 Abs. 3 UGP-RL möglich sei.

Er konstatiert daher, dass der BGH einzelfallabhängig zu prüfen habe, ob es aufgrund räumlicher Beschränkungen in dem gewählten Werbemittel gerechtfertigt sei, Angaben zum Produktanbieter nur auf der Online-Verkaufsplattform zur Verfügung zu stellen und ob die nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. b) UGP-RL erforderlichen Angaben zu der Online-Verkaufsplattform einfach und schnell mitgeteilt würden.

Quelle: EuGH, Urteil vom 30.03.2017, Az. C-146/16