EuGH zum Bekanntheitsschutz von Marken bei absoluter Produktunähnlichkeit

Mit seinem Urteil in der Sache MEISSEN vom 26.07.2017 (C-471/16 P) hat der EuGH seine Rechtsprechung zum Schutz bekannter Marken weiter konkretisiert.

Gemäß Art. 8 Abs. 5 UMV genießt eine bekannte Marke Schutz gegen die Ausnutzung oder Beeinträchtigung ihrer Unterscheidungskraft oder Wertschätzung (vgl. § 9 Abs.1 Nr.3, § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Voraussetzung ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise die sich gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen. In seiner neuen Entscheidung bekräftigt der EuGH zunächst seine bisherige Rechtsprechung, nach der das Vorliegen einer solchen gedanklichen Verknüpfung umfassend unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. Hierzu gehören

–    der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken,
–    die Art der Waren und Dienstleistungen, für die die einander gegenüberstehenden Marken jeweils eingetragen sind,
–    einschließlich des Grades der Nähe und der Unähnlichkeit dieser Waren und Dienstleistungen,
–    die betreffenden Verkehrskreise,
–    das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke,
–    der Grad der ihr innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft und
–    das Bestehen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum.

Vor diesem Hintergrund stellt der EuGH dann fest, dass – selbst dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise dieselben sind – die sich gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen so unähnlich sein können, dass die jüngere Marke den maßgeblichen Verkehrskreisen die ältere Marke nicht in Erinnerung zu rufen vermag.

Mithin kann die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren/Dienstleistungen auch im Rahmen des Bekanntheitsschutzes einer Marke ein maßgeblicher Faktor sein. Eine absolute Unähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren/Dienstleistungen kann dazu führen, dass die angesprochenen Verkehrskreise keine gedankliche Verknüpfung zwischen den sich gegenüberstehenden Marken vornehmen und deshalb eine unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung bzw. der Unterscheidungskraft der älteren Marke ausscheidet.