Unwirksame Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvereinbarung

Eine Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung, die eine Zahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers unabhängig vom Grund einer Eigenkündigung vorsieht, ist unwirksam. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil am 01.03.2022 (9 AZR 260/21) entschieden und eine unangemessene Benachteiligung des Angestellten festgestellt. Die Beschränkung seiner Berufswahlfreiheit werde nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen, wenn das Erlernte etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht eingesetzt werden könne.

Der Fall

Die Parteien stritten um die Rückzahlung von Fortbildungskosten nach einer Eigenkündigung der Arbeitnehmerin.

Eine Reha-Klinik hatte eine Arbeitnehmerin auf Rückzahlung von Fortbildungskosten von 2.730,00 € verklagt. Die Frau war dort als Altenpflegerin angestellt. Beide schlossen einen Fortbildungsvertrag, dem zufolge die Angestellte an 18 Arbeitstagen an einer Fortbildung zum „Fachtherapeut Wunde ICW“ teilnahm. Laut § 2 der Vereinbarung verpflichtete sich die Arbeitgeberin, die für die Fortbildung entstehenden Kosten zu übernehmen. Dafür enthielt der Fortbildungsvertrag eine Rückzahlungsklausel. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 sollte die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber bei einer Eigenkündigung die von diesem übernommenen Gesamtkosten zurückzuzahlen, wenn sie das Arbeitsverhältnis innerhalb einer Bindungsfrist von sechs Monaten kündigt und die Kündigung auf Gründen beruht, die nicht der Arbeitgeber zu vertreten hat. Nach dem Ende der Fortbildung sollten pro Beschäftigungsmonat 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen werden. Die Altenpflegerin kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Bindungsfrist. Daraufhin forderte die Klinik sie auf, die Fortbildungskosten anteilig in Höhe von 2.730,00 € zurückzuzahlen. Die Klage scheiterte sowohl beim Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt – als auch beim LAG Nürnberg, da die Klausel des § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalte und daher unwirksam sei. Auch die Revision der Klinik beim BAG scheiterte.

Die Entscheidung

Das BAG schloss sich den Entscheidungen der Vorinstanzen an. Die Rückzahlungsklausel in dem vorformulierten Vertrag sei unwirksam, da sie die Arbeitnehmerin unangemessen benachteilige.

Dem BAG zufolge hat das LAG zutreffend einen Anspruch auf Rückzahlung von Fortbildungskosten aus § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 des Fortbildungsvertrags verneint. Es habe zu Recht erkannt, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoße, damit zu einer unangemessenen Benachteiligung der Altenpflegerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben führe und deshalb unwirksam sei. Eine Rückzahlungsklausel ist laut BAG dann unangemessen benachteiligend, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichtet. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiere, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen. Die durch § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 bewirkte Bindung an das Arbeitsverhältnis benachteilige die Beklagte auch deshalb unangemessen, weil die Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers bei dessen Leistungsunfähigkeit nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen werde.

Das Fazit

Das BAG bestätigt somit seine bisherige Rechtsprechung, nach der die unverschuldete Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht von einer Rückzahlungsverpflichtung umfasst sein darf. Eine Rückzahlungsklausel muss solche Fälle daher explizit ausnehmen.

Diese Entscheidung macht wieder einmal deutlich, dass beim Abschluss von Fortbildungsvereinbarungen besondere Sorgfalt auf die Formulierung der Rückzahlungsklausel zu legen ist. Die Rechtsprechung stellt hier verschiedene, teils sehr detaillierte Anforderungen auf. Dennoch sollte eine Rückzahlungsklausel unbedingt in einem Fortbildungsvertrag vereinbart werden. Denn ansonsten besteht das Risiko, dass der Arbeitgeber ohne einen entsprechenden Gegenwert alleine die Kosten der Fortbildung zu tragen hat. Es können zumindest die Fälle abgedeckt werden, in denen das Arbeitsverhältnis aufgrund des Verschuldens des Arbeitnehmers beendet wird.

In Anbetracht der Geltung des Nachweisgesetzes ab dem 01.08.2022, aufgrund dessen möglicherweise weitreichende Änderungen an einer Vielzahl von Arbeitsverträgen vorgenommen werden müssen, ist es anzuraten, auch die Wirksamkeit vorgenannter Rückzahlungsklauseln zu überprüfen.

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Stephan Hinseln

Stephan Hinseln

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