Impact Investing – Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen im Finanzvertrieb nun verpflichtend

Seit dem 2. August 2022 gelten neue EU-Regeln im Finanzvertrieb: Die Befragung zu Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden werden obligatorischer Bestandteil der Anlageberatung und Portfolioverwaltung.

Einführung

Die Kundenexploration von Wertpapierdienstleistungsunternehmen unterliegt seit dem 2. August 2022 verschärften regulatorischen Vorgaben. Im Wege der Änderungsverordnung (EU) 2021/1253 zur Anpassung der Leitlinien der MiFID II wurden im April 2021 für die Beratungspraxis bedeutsame Pflichten in die delegierte Verordnung (EU) Nr. 2017/565 („DeIVO“) aufgenommen. Maßgebliche Neuerungen liegen in der Erfassung von Nachhaltigkeitspräferenzen und -risiken im Rahmen der Anlageberatung. Der Beitrag soll Adressaten einen Überblick zu den relevantesten Anpassungen geben, die künftig für eine MiFID-konforme und nachhaltige Anlageberatung zu beachten sind. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies nur eine Übersicht zu den wichtigsten Neuerungen ist. Die Nachhaltigkeitskriterien finden in dem – ohnehin schon – umfangreichen regulatorischen Rahmen zur Anlageberatung in vielfältiger Weise Eingang, sodass hier nicht jede Änderung im Detail Erwähnung findet.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Rahmen der Anlageberatung bzw. Portfolioverwaltung sind nun die Nachhaltigkeitspräferenzen des (potentiellen) Kunden abzufragen. Diese stellen u. a. die zu berücksichtigenden Paramater für den Anlageberater dar, anhand derer zu bestimmen ist, ob ein Finanzinstrument zur Anlage empfohlen werden darf. Bei den Finanzinstrumenten wird dabei nach den folgenden drei Kategorien differenziert:

  • Finanzinstrumente, bei denen der Kunde bestimmt, dass ein Mindestanteil in ökologisch nachhaltige Investitionen im Sinne der Taxonomieverordnung (Art. 2 Nr. 1 Verordnung (EU) 2020/852) angelegt werden soll.
  • Finanzinstrumente, bei denen der Kunde bestimmt, dass ein Mindestanteil in nachhaltige Investitionen im Sinne der Offenlegungsverordnung (Art. 2 Nr. 17 der Verordnung (EU) 2019/2088) angelegt werden soll.
  • Finanzinstrumente, bei denen die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden, wobei die qualitativen oder quantitativen Elemente, mit denen diese Berücksichtigung nachgewiesen wird, vom Kunden bestimmt werden.

Die erste Herausforderung bei der Kundenexploration besteht nun darin, die Abgrenzung zu Finanzinstrumenten ohne nachhaltige Eigenschaften aufzuzeigen und sodann das System der Nachhaltigkeitspräferenzen mit seinen verschiedenen Kategorien zu erklären. Die geäußerten Nachhaltigkeitspräferenzen sind sodann einzuordnen und sowohl auf Portfolioebene als auch auf Produktebene zu beachten. Insgesamt ist die Übereinstimmung eines Finanzinstruments mit den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden jedoch der grundlegenden Geeignetheitsprüfung nachgeordnet.

Darüber hinaus ergeben sich auch neue Anforderungen an den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken (Art. 2 Nr. 22 der Verordnung (EU) 2019/2088). Die Berücksichtigung solcher Risiken ist nunmehr in den organisatorischen Strukturen sowie im Risikomanagement sicherzustellen.

Weiter sind die Nachhaltigkeitspräferenzen z. B. auch im Rahmen auftretender Interessenkonflikte zu berücksichtigen. Sie werden als fester Bestandteil in die Anlageziele des Kunden einbezogen und in nahezu alle Vorschriften aufgenommen, die dem Schutz des Kundeninteresses dienen.

Ausnahme für freie Finanzanlagenvermittler

Nicht von der Regelung erfasst sind in Deutschland die freien Finanzanlagenvermittler, die mit einer Erlaubnis nach § 34 f der GewO tätig sind und nicht von der BaFin, sondern von den Handelskammern beaufsichtigt werden.

Fazit

Auch wenn die praktische Umsetzung der neuen Regelungen im Detail noch Fragen aufwirft, handelt es sich nun um zwingende Anforderungen, die in der Anlageberatung stets im Wege einer individuellen Beratung abzufragen sind. Andernfalls wird es voraussichtlich an einer anlegergerechten Beratung im Sinne der Rechtsprechung fehlen, die im Nachgang weitere zivilrechtliche Folgen zeitigen könnte.

Insgesamt wird durch die Novellierung deutlich, dass sich nachhaltige Finanzprodukte nicht nur bei den Anlegern zunehmend größerer Beliebtheit erfreuen, sondern nun auch durch den Gesetzgeber eine zwingende Rolle in jeder Anlageberatung spielen. Damit ist neben den adressierten Wertpapierunternehmen auch den Emittenten zu empfehlen, sich spätestens jetzt mit dem Nachhaltigkeitsprofil der eigenen Finanzinstrumente auseinanderzusetzen, um sich auch langfristig die Gunst der Anleger zu sichern.

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Dr. Maik Kirchner

Dr. Maik Kirchner

T: +49 221 95 190-81
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