Statt Freiwilligkeitsvorbehalt: Weihnachtsgeld nach billigem Ermessen

Das Bundesarbeitsgericht hat erneut eine Arbeitsvertragsklausel, die die Zahlung eines Weihnachtsgeldes in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, als wirksam bestätigt. (BAG, Urteil vom 23.08.2017 – 10 AZR 97/17).

Sachverhalt:

Die Parteien dieses Rechtsstreits hatten in ihrem Arbeitsvertrag zur Jahressonderzahlung vorgesehen, dass diese vorgesehen, dass diese

„jeweils jährlich durch die Arbeitgeberin bekanntgegeben wird und (…) derzeit ein volles Monatsgehalt nicht übersteigt“.

Mehr als zehn Jahre lang erhielt die Klägerin die vereinbarte Sonderzahlung – jeweils eine Hälfte im Mai, die andere Hälfte im November. Nachdem für das zweite Halbjahr 2014 ein negatives Betriebsergebnis prognostiziert wurde, entschied der Arbeitgeber, die zweite Hälfte der Sonderzahlung in diesem Jahr nicht auszuzahlen und kommunizierte diese Entscheidung an die Mitarbeiter. Die Klägerin verlangte dennoch die Auszahlung des zweiten Teils der Sonderzahlung und stellte sich auf den Standpunkt, die vom Arbeitgeber verwendete Formulierung im Arbeitsvertrag sei intransparent. Außerdem sei durch die langjährige, vorbehaltslose Zahlung eine betriebliche Übung entstanden, von der sich der Arbeitgeber nicht einseitig wieder lösen könne.

Die Entscheidung:

Hatte das Landesarbeitsgericht Hamburg der Klage noch stattgegeben und der Klägerin die zweite Hälfte der Jahressonderzahlung zugesprochen, lohnte sich in diesem Fall die Revision für den beklagten Arbeitgeber: Die Richter am Bundesarbeitsgericht hatten an der verwendeten Klausel nichts zu beanstanden und bestätigten die auch in der Vergangenheit bereits skizzierte Rechtsprechung, die es für wirksam erachtet, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag zwar eine Sonderzahlung zusagt, deren Höhe jedoch einseitig nach billigem Ermessen bestimmt.

Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen sich das Unternehmen im Jahr 2014 befand, wurde von den Richtern nicht beanstandet, dass der Arbeitgeber in diesem Fall sein Ermessen dahin gehend ausgeübt hatte, die Sonderzahlung auf „0,- €“ festzusetzen. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung wurde ebenfalls abgelehnt, da die Leistungen für die Mitarbeiter erkennbar in den Vorjahren nicht ohne Rechtspflicht, sondern in Erfüllung des Arbeitsvertrags erfolgten.

Praxishinweis:

Die Anforderungen an die Gestaltung von Klauseln zu Jahressonderzahlungen oder einem Weihnachtsgeld sind in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Die naheliegende Lösung, im Vertrag einfach zu erwähnen, dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes freiwillig erfolgt und keine Ansprüche für die Zukunft entstehen lässt, ist nicht zu empfehlen. Damit es bei einer tatsächlich „freiwilligen“ Zahlung bleibt, darf im Vertrag nicht zunächst eine Zahlung in Aussicht gestellt („Wir zahlen ein Weihnachtsgeld in Höhe von xx,- € …“) und diese sodann für freiwillig erklärt werden („Die Auszahlung erfolgt freiwillig und ohne, dass aus der wiederholten Zahlung Ansprüche für die Zukunft entstehen.“) Diese Kombination zwischen Zusage einer Leistung und Ergänzung durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts intransparent und damit unwirksam.

Möchte der Arbeitgeber in erster Linie für wirtschaftlich schwierige Zeiten des Unternehmens vorsorgen, bietet die in der obigen Entscheidung verwendete Klausel einen guten Kompromiss: Sie sagt dem Mitarbeiter zwar in einem ersten Schritt eine Jahressonderzahlung zu; im zweiten Schritt kann der Arbeitgeber jedes Jahr aber neu entscheiden, in welcher Höhe diese zusätzliche Zahlung erfolgen soll. Die Entscheidung ist freilich gerichtlich überprüfbar. Bei einer Reduzierung der Auszahlungshöhe könnten Mitarbeiter also Klage erheben. In nachvollziehbaren Situationen (Umsatzrückgang, negatives Betriebsergebnis etc.) dürfte die Entscheidung, eine geringere oder ggf. auch gar keine Zahlung zu leisten, von den Arbeitsgerichten jedoch akzeptiert werden.

Quelle: Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.08.2017