Kirchliches Arbeitsrecht – Neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. November 2022 – Paradigmenwechsel – Compliance

Heute, am 22. November 2022, erging der Beschluss der Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands, in dem eine neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GO 2022) beschlossen wurde. Dies bedeutet Rechtsänderungen für knapp 800.000 Mitarbeitende im Bereich der katholischen Kirche.

Heute, am 22. November 2022, erging der Beschluss der Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands, in dem eine neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GO 2022) beschlossen wurde. Die neue Grundordnung löst die Grundordnung aus dem Jahre 2015 (vgl. z. B. Bekanntmachung der Neufassung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 1. Juli 2015 (Kirchliches Amtsblatt Erzbistum Hamburg, 21. Jg., Nr. 8, Art. 93, S. 101 ff., v. 16. Juli 2015).) ab. Die neue Grundordnung 2022 ändert die Rechtslage für die ca. 790.000 Mitarbeitenden der katholischen Kirche, für die die Grundordnung gilt, und von denen knapp 700.000 in Einrichtungen und Diensten der Caritas arbeiten, wesentlich. Die neue Grundordnung der katholischen Kirche kann schon allein im Blick auf die Anerkennung eines unverfügbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung (Art. 7 Abs. 2 GO 2022) sowie die Neujustierung der Verantwortung des Dienstgebers für den kirchlichen Charakter der kirchlichen Einrichtungen als Paradigmenwechsel angesehen werden. Nach Art. 3 Abs. 2 GO 2022 ist Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen eine Bereicherung. Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein. Vorausgesetzt werden eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums und die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung zu achten und dazu beizutragen, ihn im eigenen Aufgabenfeld zur Geltung zu bringen.  Dabei ist in den bischöflichen Erläuterungen zum kirchlichen Dienst in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung der Diözesen Deutschlands vom 22. November 2022 ausgeführt, dass, je klarer der spezifisch kirchliche Sendungsauftrag benannt und gelebt wird, umso mehr deutlich wird, für welche Werte sich die jeweilige Einrichtung einsetzt und welche „Un-Werte“ sie aus ethisch-religiöser Überzeugung ablehnt (Erläuterungen vom 22. November 2022, dort V.5.). Maßgeblich für die institutionelle Profilierung der Einrichtung ist eine klare normative Ausrichtung und ihre Absicherung durch Leitbilder sowie eine christliche Organisationskultur. Gelingt es nicht, ein solches Profil in der konkreten Einrichtung glaubwürdig umzusetzen, muss gegebenenfalls darüber nachgedacht werden, die Einrichtung in anderer als kirchlicher Trägerschaft weiterzuführen (vgl. Erläuterungen vom 22. November 2022, dort V.5.).

Es ergibt sich so für die Leitungsorgane kirchlicher Träger wie auch die Leitungen der kirchlichen Einrichtungen eine spezifische neue Compliance-Pflicht, die sich darauf richtet, die Voraussetzungen der kirchlichen Trägerschaft nicht zu gefährden. Dabei besteht für die Leitungsorgane dazuhin oft schon die besondere Compliance-Pflicht, die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit des Trägers nicht zu gefährden (vgl. dazu: Schaub/Schüppen/Ritter, Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, 3. Auflage, § 55, S. 1732 ff., Rn. 41 ff.).

Dr. Thomas Ritter (Fachanwalt für Arbeitsrecht) begleitet Unternehmen forensisch sowie bei der betrieblichen Personalarbeit, er berät Arbeitgeber in sämtlichen Fragen des Kollektiv- und Individualarbeitsrechts. Eine Besonderheit liegt in seiner langjährigen Tätigkeit für Krankenhäuser, öffentliche und kirchliche Unternehmen und der Lösung der sich für diese stellenden spezifischen, vor allem rechtlichen Probleme im Bereich MAVO und MVG bzw. BAT/TVöD. Dr. Thomas Ritter ist Mitherausgeber des im Verlag C. H. Beck erscheinenden neuen Kommentars „Mitarbeitervertretungsordnung/Kirchliche Arbeitsgerichtsordnung/Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung: MAVO / KAGO / KDSGO“, herausgegeben von Prof. Dr. Hermann Reichold, Dr. Thomas Ritter (RA, FAArbR) und Dr. Christian Gohm (RiArbG).

 

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