Keine Belehrungspflicht des Arbeitgebers über Urlaubsverfall bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm (LAG Hamm, Urteil vom 24.07.2019, 5 Sa 676/19) ist der Arbeitgeber gegenüber langfristig erkrankten Arbeitnehmern nicht zu einer Belehrung verpflichtet, dass Urlaubsansprüche bis zum 31.12. des Kalenderjahres oder – im Falle der Übertragung – bis zum 31.03. des Folgejahres verfallen. Diese Verpflichtung zur Belehrung besteht erst wieder nach Genesung des Arbeitnehmers hinsichtlich der konkreten Ansprüche.

Der Sachverhalt

Die Entscheidung beruht auf der Klage einer Arbeitnehmerin. Gegenstand der Klage war ein Streit der Arbeitsvertragsparteien über das Bestehen eines Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2017. Die Klägerin, die bei der Beklagten gemäß Arbeitsvertrag vom 09.07.2010 beschäftigt ist, war seit 2017 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, sodass sie in diesem Kalenderjahr insgesamt 14 Tage des ihr zustehenden Erholungsurlaubs nicht in Anspruch nehmen konnte. Im Dezember 2018 forderte die Klägerin die Beklagte sodann schriftlich zur Abgeltung der restlichen Urlaubstage aus 2017 auf. Sie war der Ansicht, der Anspruch auf Erholungsurlaub sei bereits deshalb nicht verfallen, weil die Beklagte sie nicht rechtzeitig auf den drohenden Verfall hingewiesen habe und somit der ihr obliegenden Belehrungspflicht nicht nachgekommen sei.

Die Entscheidung

Nachdem die Klage durch das Arbeitsgericht Paderborn abgewiesen wurde, hatte auch die Berufung der Klägerin vor dem Landesarbeitsgericht Hamm keinen Erfolg. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage nicht zugelassen. Nach Auffassung des Gerichts findet die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts über die Belehrungspflicht des Arbeitgebers (siehe hierzu BAG, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15) keine Anwendung bei Langzeiterkrankungen. Aufgrund der lang andauernden Arbeitsunfähigkeit sei es dem Arbeitgeber nicht möglich, dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmerin den bezahlten Jahresurlaub tatsächlich beanspruchen kann. Auch für den Fall einer förmlichen Aufforderung seitens des Arbeitgebers sei diese nach wie vor nicht in der Lage, den Urlaub wahrzunehmen. Eine Belehrungspflicht des Arbeitgebers mache nur dann Sinn, wenn die Arbeitnehmerin auf diese reagieren und den Urlaub tatsächlich in Anspruch nehmen könne.

Fazit

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm knüpft an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an und differenziert bei der Belehrungspflicht des Arbeitgebers über Urlaubsverfall nunmehr zwischen arbeitsfähigen und langfristig arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern. Die Belehrung des Arbeitgebers bzw. die Verpflichtung hierzu soll sich somit jeweils auf den konkreten Einzelfall beziehen. Bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern muss zur Vermeidung des Fortbestehens von Ansprüchen auf Erholungsurlaub eine Belehrung erst dann erfolgen, wenn sich der Arbeitnehmer wieder gesund meldet.

Rechtsanwältin Stefanie Stanka
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