Keine Bedenkzeit bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags

Vor drei Jahren prüfte das Bundesarbeitsgericht die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags erstmals auch am Maßstab des Gebots des fairen Verhandelns (BAG, 7.2.2019 - 6 AZR 75/18). Mit einer aktuellen Entscheidung stellt es nun klar, dass es nicht unfair sei, dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit einzuräumen (BAG, 24.2.2022 - 6 AZR 333/21).

Der Fall

Der Geschäftsführer und der spätere Prozessbevollmächtigte des Arbeitgebers führten am 22.11.2019 ein Gespräch mit einer Arbeitnehmerin. Die Vertreter des Arbeitgebers warfen der Klägerin vor, dass diese unberechtigt Einkaufspreise eingekaufter Waren im Datenbestand des Unternehmens reduziert habe, um einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Der Arbeitgeber legte der Arbeitnehmerin daraufhin einen Aufhebungsvertrag, der eine Beendigung zum 30.11.2019 vorsah, also ca. eine Woche nach dem Gespräch, vor. Die drei involvierten Personen saßen zehn Minuten schweigend im Raum, danach unterzeichnete die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag.

Die Arbeitnehmerin war im Nachgang der Auffassung, dass der Aufhebungsvertrag unwirksam sei und klagte vor dem Arbeitsgericht. Neben weiterer Gründe berief sie sich darauf, dass der Arbeitgeber gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen habe. Der Arbeitgeber habe ihrer Bitte nach Bedenkzeit und Rechtsrat nicht entsprochen.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab. Die Revision der Arbeitnehmerin war erfolglos. Das Gebot des fairen Verhandelns sei nicht dadurch verletzt, dass die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag nur sofort annehmen konnte.

Praxishinweise

Für die Praxis ist die Entscheidung nicht zu unterschätzen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2019 hat zu Unsicherheiten auf Arbeitgeberseite geführt, welche Anforderungen das Gebot des fairen Verhandelns an Verhandlungen zu einem Aufhebungsvertrag stellt. Die Einwendung, dass dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit eingeräumt worden ist, ist eine typische Einwendung bei der Beanstandung von Aufhebungsverträgen.

Durch die Entscheidung ist nun klargestellt, dass ein „take it or leave it-Angebot“ eines Aufhebungsvertrags unschädlich ist und den Arbeitgebern ein wichtiges verhandlungstaktisches Mittel erhalten bleibt.

Quelle: https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/aufhebungsvertrag-gebot-fairen-verhandelns/

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Kamil Niewiadomski

Kamil Niewiadomski

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