Keine Anrechnung von Urlaub während eines Beschäftigungsverbots

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs während eines Beschäftigungsverbots selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn der Urlaubszeitraum im Vorhinein feststand (BAG, Urteil vom 09.08.2016 – 9 AZR 575/15). 

Der Fall

Die Parteien stritten über die Abgeltung von 17 Urlaubstagen. Den Urlaub hatte die Klägerin Anfang des Jahres 2013 für Zeiträume im Juli, August und Oktober desselben Jahres beantragt. Der Urlaub war wunschgemäß vom Arbeitgeber bestätigt worden.

Am 02.06.2013 informierte die Klägerin ihren Arbeitgeber über eine Schwangerschaft mit dem voraussichtlichen Entbindungstermin 29.12.2013. Auf Grund des mit der Tätigkeit der Klägerin immanenten Umgangs mit infektiösem Material erteilte der Arbeitgeber mit Wirkung ab dem 05.06.2013 ein tätigkeitsbezogenes Beschäftigungsverbot und teilte mit, dass dies unter Anrechnung der bereits bewilligten Urlaubstage erfolge. Mit der Anrechnung der Urlaubstage war die Klägerin nicht einverstanden und verlangte deren Abgeltung.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass die Klägerin schon auf Grund des Beschäftigungsverbots von der Arbeitsleistung befreit war. Aus diesem Grund konnte sie nicht zusätzlich zum Zwecke der Urlaubsgewährung von der Arbeitsleistung freigestellt werden.

Die in die Zeit des Beschäftigungsverbots fallenden Urlaubstage mussten daher – da das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet worden war – finanziell abgegolten werden.

Fazit

Die Anrechnung von Urlaub während eines generellen oder individuellen Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz war nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 25.01.1994 (Az. 9 AZR 312/92) offen und in der Literatur umstritten geblieben. Insofern hat die o. g. Entscheidung für die arbeitsrechtliche Praxis erfreuliche Klarheit gebracht – auch wenn sie nicht überraschend kam.

Für Arbeitgeber ist es im Falle eines bevorstehenden Beschäftigungsverbotes nach dieser Klarstellung des Bundesarbeitsgerichts umso wichtiger, genau zu prüfen, ob der werdenden Mutter eine andere Tätigkeit, die vom Beschäftigungsverbot nicht erfasst wird, zugewiesen werden kann. Es verringern sich dadurch zum einen die unmittelbaren finanziellen Folgen des Beschäftigungsverbots, das ohne Zuweisung einer anderen Tätigkeit zu einer vollständigen Entgeltfortzahlungspflicht führt, ohne dass der Arbeitgeber eine Gegenleistung erhält (auch wenn diese Beträge auf Antrag von der Krankenkasse erstattet werden). Zum anderen kann in diesem Fall auch wirksam Urlaub gewährt werden. Im oben beschriebenen Fall hätte der Urlaub nach Zuweisung einer anderen, mit dem Beschäftigungsverbot zu vereinbarenden Tätigkeit wirksam gewährt werden können.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.08.2016 – 9 AZR 575/15 – Entscheidungsgründe