Kein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei grundloser Blockadehaltung

Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats kann in eng begrenzten Ausnahmefällen wegen des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung eingeschränkt werden, wenn der Betriebsrat ohne sachlichen Grund eine Einigung verhindert (BAG, Beschluss vom 12.03.2019 – 1 ABR 42/17).

Der Fall

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) liegt ein Streit zwischen der Arbeitgeberin, der Betreiberin eines Krankenhauses, und dem Betriebsrat zugrunde. Der Betriebsrat stimmte, nachdem die Beteiligten bis Anfang 2015 die Dienstpläne monatlich noch einvernehmlich aufstellten, diesen wiederholt zum Teil nicht zu. Der Bitte der Arbeitgeberin an den Betriebsrat, sich bezüglich der Dienstpläne mit der Bildung einer Einigungsstelle einverstanden zu erklären, kam der Betriebsrat in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht nach. Die Arbeitgeberin leitete deswegen, bis auf zwei Monate, monatlich Verfahren zur Einsetzung der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht ein. Diese konnte – außer in einem Ausnahmefall – ihre Tätigkeit jedoch nicht aufnehmen, weil der Betriebsrat vor Rechtskraft des Beschlusses über die Einsetzung der Einigungsstelle jede freiwillige Mitwirkungshandlung, wie die Bestellung der Beisitzer oder die Vereinbarung eines Sitzungstermins, beharrlich verweigerte. Als Grund für seine Ablehnungshaltung behauptete der Betriebsrat pauschal, dass die Einigungsstelle aufgrund der Komplexität der Dienstplanerstellung nicht in der Lage sei, diese ordnungsgemäß zu erstellen, sodass das Verfahren sinnlos sei.

Im Rahmen des Beschlussverfahrens machte der Betriebsrat seinen Unterlassungsanspruch unter anderem gegen die Bekanntgabe der Dienstpläne ohne seine – ggf. ersetzte – Zustimmung geltend.

Die Entscheidung

Das BAG entschied zugunsten der Arbeitgeberin, obwohl eine wiederholte Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats zweifellos vorlag. Denn gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat bei dem Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Verteilung dieser auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen; eine Entscheidung des Arbeitgebers zur Arbeitszeit ohne die Zustimmung des Betriebsrats, oder deren Ersetzung, ist unzulässig. Trotz des Verstoßes der Arbeitgeberin durch die Bekanntgabe der Dienstpläne und die damit einhergehende Weisung hinsichtlich der Arbeitszeit ohne vorherige (ersetzte) Zustimmung, stehe dem Unterlassungsanspruch des Betriebsrats – nach § 87 Abs. 1 als auch nach § 23 Abs. 3 BetrVG – wegen dessen Blockadehaltung ausnahmsweise der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Das Verbot unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB entfalte seine Wirkung auch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in Gestalt des § 2 Abs. 1 BetrVG, wonach die Parteien zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet sind. Die Ausübung einer formalen Rechtsstellung die gegen Treu und Glauben verstößt könne allerdings nur in eng umgrenzten und schwerwiegenden Ausnahmefällen angenommen werden, z. B. wenn sich der Betriebsrat auf eine formale Rechtsposition beruft, die er durch sein eigenes betriebsverfassungswidriges Verhalten erlangt hat.

Das BAG bejahte im vorliegenden Fall einen solchen schwerwiegenden Ausnahmefall. Maßgeblich für die Beurteilung war, dass die Arbeitgeberin gesetzlich verpflichtet ist, die Behandlung der Patienten durch das Klinikpersonal sicherzustellen. Dafür sei die Einteilung des Personals in Dienstpläne – auch ohne lange Vorlaufzeit – unabdingbar. Dem Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Erstellung der Pläne kam in diesem Fall daher eine erhebliche Bedeutung zu. Weigert sich der Betriebsrat nichtsdestotrotz beharrlich gegen eine Zusammenarbeit mit der Arbeitgeberin und macht dieser die Wahrung des Mitbestimmungsrechts dadurch unmöglich, darf er sich nicht auf deren Verstoß berufen; insbesondere, weil der Betriebsrat keine sachlichen Gründe für seine Blockadehaltung anführen konnte.

Der Betriebsrat bedürfe auch keines – wie bei Missachtung des Mitbestimmungsrechts durch die Arbeitgeberin – besonderen Schutzes durch das Gericht. Denn er kann die Unterlassung der arbeitgeberseitigen Verstöße gegen § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG schlichtweg durch die Ausübung seines unbestrittenen Mitbestimmungsrechts erreichen.

Fazit

Das BAG macht deutlich, dass der Betriebsrat seine Ansprüche aus dem BetrVG nicht geltend machen kann, wenn er selbst seine Mitwirkungspflicht verletzt. Bei der Ablehnung einer Zusammenarbeit obliegt es dem Betriebsrat, diese sachlich zu begründen, um den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung auszuräumen. Insbesondere für Unternehmen, die auf eine kurzfristige Erstellung von Dienstplänen angewiesen sind, ist die Entscheidung zu begrüßen.

Der Begründung des BAG ist darüber hinaus zu entnehmen, dass ein schwerwiegender, eng begrenzter, Ausnahmefall nicht nur subjektiv aus Arbeitgebersicht vorliegen darf, sondern dass der Fall stets objektiv zu beurteilen ist. Allein ein wirtschaftliches Interesse des Arbeitgebers an einer zügigen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist daher nicht ausreichend.