Fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung und E-Mail-Versand

Die exzessive private Internetnutzung während der Arbeitszeit kann eine außerordentliche und fristlose Kündigung rechtfertigen. Auch die Auswertung der Browserverläufe und des E-Mail-Verkehrs auf dem dienstlichen Laptop kann, auch wenn das Arbeitsverhältnis schon beendet und eine Kündigungsschutzklage anhängig ist, zulässig sein (Landesarbeitsgericht Köln, 07.02.2020, Az. 4 Sa 329/19).

Der Fall

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung.

Der beklagte Arbeitgeber ist ein IT-Dienstleistungsunternehmen, der klagende Arbeitnehmer war dort als Softwareprogrammierer tätig. Dem Arbeitnehmer war es verboten, den dienstlichen Laptop für private Zwecke zu nutzen. Ferner beinhaltete eine Anlage zum Arbeitsvertrag eine Einverständniserklärung des Arbeitnehmers damit, dass der Arbeitgeber die auf den Arbeitsmitteln befindlichen Daten zum Zwecke der Zuordnung zu geschäftlichen oder privaten Zwecken überprüft und auswertet. Die Internetbrowser auf dem dienstlichen Laptop des Klägers erzeugten Log-Files der besuchten Internetseiten (Datum, Uhrzeit und URL), die auch rückwirkend eine Auswertung ermöglichten.

Der Arbeitgeber kündigte mit Schreiben vom 07.03.2018 das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich fristgerecht zum 30.04.2018. Er begründete die außerordentliche Kündigung unter anderem damit, dass der Arbeitnehmer massiv zu privaten Zwecken im Internet gesurft habe, so dass dieser einen Arbeitszeitbetrug begangen habe. Der Arbeitnehmer ließ durch einen IT-Sachverständigen die Log-Files der Internetbrowser untersuchen, dieser erstellte ein den Arbeitnehmer belastendes Gutachten unter dem Datum des 01.07.2018.

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass der Arbeitnehmer im Ergebnis an drei ganzen Arbeitstagen (28.11.2017, 29.11.2017 und 01.03.2018) sowie im Zwischenzeitraum über kumuliert mehrere Stunden und damit mehr als an fünf kompletten Arbeitstagen, was wiederum mindestens einer Arbeitswoche entspricht, aufgrund von als exzessiv zu bewertenden privaten Tätigkeiten im Internet während der Arbeitszeit seine Hauptleistungspflicht verletzt habe.

Das Landesarbeitsgericht sah eine Verwertung der Inhalte der E-Mails auf dem dienstlichen Laptop und der Einträge in den Log-Dateien der Internetbrowser als zulässig an, es erkannte kein sogenanntes prozessuales Verwertungsverbot bzw. ein „Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot“. Hierbei ließ es sich von folgenden Erwägungen leiten:

  • Die in der Anlage zum Arbeitsvertrag enthaltene „Einverständniserklärung“ rechtfertige keine Datenverarbeitung. Diese Einwilligung sei rechtlich unwirksam, da sie unpräzise und zu weit gefasst sei. Der Arbeitnehmer konnte die potenzielle Reichweite seiner Einwilligung nicht erkennen.
  • Allerdings gestatte § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG dem Arbeitgeber sowohl Erhebung und Verarbeitung (Speicherung) der bei Internetnutzung entstehenden Verlaufsdaten in der Browserchronik und der E-Mails als auch deren spätere Nutzung (Auswertung), auch im vorliegenden Prozess. Die Speicherung erfolge zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses, um die Einhaltung des Verbots der privaten Nutzung des Internets und der E-Mails überprüfen zu können. Dies gelte auch für die nach dem 07.03.2018 erfolgte Nutzung und Auswertung der Verlaufsdaten und E-Mails. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis zwar bereits gekündigt, jedoch hatte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben. Ob es tatsächlich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen war, war damit unsicher. Der Arbeitgeber wollte durch den IT-Sachverständigen überprüfen lassen, ob und in welchem konkreten Ausmaß ein zeitlicher oder inhaltlicher Missbrauch der Nutzung des Internets durch den Kläger vorlag.
Praxishinweise

Die vorgenannte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln enthält zwar keine neuen rechtlichen Erkenntnisse, jedoch gibt die Entscheidung anhand eines praxisrelevanten Falles wieder, dass jedenfalls die exzessive Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit eine außerordentliche und fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Hierbei dürfte es auch nicht darauf ankommen, ob die private Internetnutzung seitens des Arbeitgebers erlaubt ist oder nicht – die exzessive private Internetnutzung während der Arbeitszeit stellt einen Arbeitszeitbetrug dar.

Ein weiterer praxisrelevanter Themenkomplex ist die Auswertung der Daten des Dienstlaptops. und deren prozessuale Verwertung. Das Landesarbeitsgericht Köln erteilt pauschalen Einwilligungen zur Datenverarbeitung in einem Arbeitsvertrag oder einer Anlage hierzu eine Absage.

Gleichzeitig wird aber klargestellt, dass eine Auswertung der Browserverläufe eines dienstlichen Rechners sowie eine Überprüfung des E-Mail-Verkehrs jedenfalls dann gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG datenschutzrechtlich zulässig sein kann, wenn ein arbeitsvertragliches Verbot der privaten Internet-/E-Mail-Nutzung vereinbart ist. Es ist daher kein Rückgriff auf § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG (Datenverarbeitung zur Aufdeckung von Straftaten bei dokumentierten tatsächlichen Anhaltspunkten, die einen Verdacht begründen) nötig.

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Kamil Niewiadomski

Kamil Niewiadomski

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