Erklärungswert von Mitteilungen in Entgeltabrechnungen sowie die Verjährung von Urlaubsansprüchen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die Mitteilung in einer Entgeltabrechnung über die Anzahl von Urlaubstagen regelmäßig eine Wissenserklärung und keine rechtsgestaltende Willenserklärung darstellt. Eine Entscheidung, inwiefern der Urlaubsanspruch der Verjährung unterliegen kann, hat das BAG ausdrücklich offengelassen (BAG 19.03.2019, 9 AZR 881/16).

Hintergrund

Gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG ist der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres erlischt der Urlaubsanspruch. Eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist nur unter engen Voraussetzungen und nur bis zum 31.03. des Folgejahres möglich. Spätestens dann erlischt der Urlaubsanspruch unwiederbringlich.

Im zugrunde liegenden Verfahren stritten die Parteien über insgesamt 169,5 Urlaubstage, die der Arbeitgeber über die Jahre hinweg in den Entgeltabrechnungen auswies und der Arbeitnehmer nach Kündigung abgegolten wissen wollte. Hierbei berief sich der Kläger im Wesentlichen darauf, dass durch die Ausweisung der Urlaubstage in den Entgeltabrechnungen das gesetzliche Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG ausgeschlossen worden sei. Zumindest aber das Berufen auf das Verfallen der Urlaubsansprüche mit Blick auf die Entgeltabrechnungen treuwidrig sei. Die Beklagte berief sich u. a. darauf, dass die Urlaubsansprüche bereits verjährt seien.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen, das hessische Landesarbeitsgericht (LAG) dieser jedoch stattgegeben. Diese Entscheidung hob das BAG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das LAG zurück.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht folgte der Argumentation des Klägers nicht, sondern stellte fest, dass Erklärungen in Abrechnungen regelmäßig kein rechtsgestaltender Wille zugrunde liege (Willenserklärung), sondern eine sog. Wissenserklärung, die an der bestehenden Rechtslage nichts zu ändern bezwecke (vgl. auch BAG 05.07.2017, 4 AZR 867/16). Der bloßen Mitteilung des Umfangs gewisser Ansprüche lasse sich nicht der Wille entnehmen, dass der Arbeitgeber etwas gewähren wolle, wenn er dies nicht schulde. Konkret: Der Mitteilung des Umfangs von Urlaubsansprüchen lasse sich nicht der Wille entnehmen, das gesetzliche Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG abzuändern.

Darüber hinaus greife der Einwand der Treuwidrigkeit nicht, da hierfür besondere Umstände erforderlich seien, die sich aus der bloßen Mitteilung in Entgeltabrechnungen nicht ohne weiteres ergeben würden.

Die seit dem Urteil des BAG vom 19.02.2019, 9 AZR 423/16 (vgl. Newsletter v. 26.02.2019; 09.07.2019) diskutierte Frage, ob Urlaubsansprüche der Verjährung unterliegen können, ließ das BAG ausdrücklich offen und erklärte, dass im konkreten Fall eine Verjährung ohnehin ausscheide, da durch die Mitteilungen in den Entgeltabrechnungen die Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB jeweils neu in Lauf gesetzt worden sei, denn den Mitteilungen käme die Wirkung eines Anerkenntnisses im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gleich. Für ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB reiche es aus, wenn durch das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers darauf geschlossen werden könnte, der Arbeitgeber sei sich des Bestehens einer schuldrechtlichen Forderung bewusst.

Folgen

Entgeltabrechnungen sollten nicht als Mittelungskanal für den Umfang von Ansprüchen genutzt werden. Zwar hat das BAG in begrüßenswerter Weise erneut festgestellt, dass Auskünften in einer Entgeltabrechnung regelmäßig kein rechtsgestaltender Wille zukomme. Diese Auskünfte können jedoch dort zum „Bumerang“ werden, wo die Verjährung von Ansprüchen in Streit steht.

Leider hat das BAG die Frage der Verjährungsmöglichkeit von Urlaubsansprüchen explizit offen gelassen und hierbei paradoxerweise auf den derzeitigen Meinungsstand unter Einbeziehung der eigenen Rechtsprechung verwiesen, wonach der Urlaubsanspruch grundsätzlich nicht der Verjährung unterliegen sollte. Ob dies bereits als Andeutung einer Abkehr der bisherigen Rechtsprechung verstanden werden darf, bleibt abzuwarten.

BAG, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 881/16