EntgTranspG: Vermutung für Benachteiligung wegen des Geschlechts bei Gehaltsdifferenzen

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem aktuellen Urteil vom 21.01.2021, Az. 8 AZR 488/19 entschieden, dass die Tatsache, dass männliche Kollegen für die gleiche Arbeit im Median mehr als die Frauen verdienen, regelmäßig die - vom Arbeitgeber widerlegbare - Vermutung begründet, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.

Der Fall

In dem zu Grunde liegenden Streitfall ging es um eine Abteilungsleiterin, die nach den §§ 10 ff. Entgelttransparenzgesetz bei ihrer Arbeitgeberin Auskunft über das Entgelt ihrer vergleichbaren männlichen Kollegen verlangt hatte. Das im Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz sieht einen individuellen Auskunftsanspruch für Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten vor. Im August 2018 erhielt sie von ihrer Arbeitgeberin Auskunft dahin gehend, dass das Durchschnittsgehalt der vergleichbar beschäftigten männlichen Abteilungsleiter um acht Prozent höher als das der beschäftigten weiblichen Abteilungsleiter war. Daraufhin verklagte die Frau ihre Arbeitgeberin auf Zahlung der Differenz zwischen ihrer Vergütung und der ihr mitgeteilten höheren Vergleichsentgelte (Median-Entgelte).

Die Entscheidung

Vor dem Arbeitsgericht war die Klage zunächst erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht hatte die Klage hingegen abgewiesen. Es nahm an, gem. § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bedürfe es eines Vortrags, der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Vergütungsbenachteiligung auf Grund des Geschlechts schließen lässt. Allein die Tatsache, dass das Gehalt der Klägerin unter dem Median liege, sei nicht ausreichend, um eine Diskriminierung festzustellen.

Dem widersprach das Bundesarbeitsgericht und verwies das Verfahren an die Vorinstanz zurück. Das vom Arbeitgeber mitgeteilte höhere Median-Entgelt der männlichen Vergleichspersonen begründe die Vermutung für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, die Vermutung einer diskriminierenden Entlohnung zu widerlegen.

Fazit

Die Geltendmachung eines individuellen Schadensersatzes mithilfe des Entgelttransparenzgesetzes ist neu. Es ist nun Sache des Landesarbeitsgerichts zu klären, ob die Beklagte die Vermutung widerlegt hat. Die Entscheidung bedeutet jedenfalls eine klare Stärkung der Arbeitnehmerrechte, wobei erst die künftige Rechtsprechung zeigen wird, welche Anforderungen genau an die Widerlegung der Vermutung durch den Arbeitgeber zu stellen sein werden.

Rechtsanwältin Johanna Ewig
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