Die wichtigsten Neuerungen 2017 im Recht der Schwerbehindertenvertretung

Für das bald beginnende Jahr 2017 hat der Gesetzgeber einige ganz erhebliche Änderungen im Recht der Schwerbehindertenvertretung beschlossen. Die für Arbeitgeber relevanten Neuerungen werden im folgenden Beitrag zusammengefasst (BT-Drs 18/9522, 18/9954, 18/10102 Nr. 16).

Am 01.12.2016 hat der Bundestag mit dem Bundesteilhabegesetz weitreichende Änderungen im Recht der Schwerbehinderten beschlossen. Mit der Zustimmung des Bundesrats in der Sitzung am 16.12.2016 steht nun fest, dass die ersten Änderungen bereits 2017 in Kraft treten werden. Während ein Großteil der Änderungen (Leistungen zur Teilhabe/Eingliederungshilfe) erst zum 01.01.2018 bzw. 2020 und zum Teil erst 2023 in Kraft treten wird, wurden die Änderungen zum Recht der Schwerbehindertenvertretungen bereits für den 01.01.2017 beschlossen.

Im neuen Jahr werden die folgenden Neuerungen Berücksichtigung finden müssen:

• Absenkung des Schwellenwertes für die Freistellung der Schwerbehindertenvertretung

Bisher war die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten dann von ihrer beruflichen Tätigkeit voll freizustellen, wenn in dem Betrieb oder der Dienststelle mindestens 200 schwerbehinderte oder den Schwerbehinderten gleichgestellte Arbeitnehmer beschäftigt waren. Dieser Schwellenwert wird mit Wirkung ab dem 01.01.2017 auf 100 schwerbehinderte/gleichgestellte Arbeitnehmer halbiert.

• Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei Kündigungen

In § 95 Abs. 2 SGB IX wird ein neuer Satz 3 eingefügt, der wie folgt lautet:

   „Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung nach Satz 1 ausspricht, ist unwirksam.“

Bislang entsprach es der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass auch eine ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausgesprochene Kündigung nicht aufgrund der fehlenden Unterrichtung unwirksam ist. Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung war lediglich nachzuholen.

Ab dem kommenden Jahr wird das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung durch die Unwirksamkeitsfolge im neuen Satz 3 erheblich gestärkt. Vor dem Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer muss die Schwerbehindertenvertretung in jedem Fall ordnungsgemäß beteiligt werden.

• Übergangsmandat der Schwerbehindertenvertretung

Einen weiteren bislang nicht ausdrücklich gesetzlich geregelten Aspekt stellt die Neufassung des SGB IX klar: Im Falle einer Betriebsspaltung nimmt die Schwerbehindertenvertretung – ebenso wie der Betriebsrat nach § 21a BetrVG – ein Übergangsmandat wahr, sofern der abgespaltene Betriebsteil nicht in einen Betrieb eingegliedert wird, der bereits über eine Schwerbehindertenvertretung verfügt.

Das Übergangsmandat der Schwerbehindertenvertretung sollte – soweit die Betriebsspaltung mit einem Betriebsübergang verbunden ist – auch Erwähnung im Unterrichtungsschreiben nach § 613a Abs. 5 BGB finden.

• Vielzahl an stellvertretenden Mitgliedern der Schwerbehindertenvertretung

Bislang konnte die Vertrauensperson der Schwerbehinderten für Vertretungsfälle unabhängig von der Betriebsgröße lediglich ein stellvertretendes Mitglied heranziehen. Mit der Gesetzesänderung wird ab dem 01.01.2017 eine Staffelung greifen: Bei jedem Überschreiten des Schwellenwerts von jeweils 100 beschäftigten schwerbehinderten/gleichgestellten Arbeitnehmern kann ein weiteres stellvertretendes Mitglied herangezogen werden (d. h. ab 101 schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten das erste; ab 201 das zweite; ab 301 das dritte; ab 401 das vierte stellvertretende Mitglied).

• Schulungsanspruch für stellvertretende Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung

Die stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung haben ab dem 01.01.2017 einen Anspruch auf bezahlte Freistellung und Übernahme der Kosten für Schulungen, die Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind.

Bislang hatten die stellvertretenden Mitglieder nur unter ausdrücklich in § 96 Abs. 4 S. 4 SGB IX geregelten Voraussetzungen Anspruch auf Teilnahme an Schulungsveranstaltungen (ständige Heranziehung des stellvertretenden Mitglieds/häufige Vertretung auf längere Zeit/absehbares Nachrücken in das Amt).

Die erwähnten Änderungen werden in 2017 noch in der gewohnten Nummerierung des SGB IX zu finden sein. Ab dem 01.01.2018 werden die Inhalte des SGB IX vollkommen neu strukturiert werden – das Schwerbehindertenrecht beginnt dann bei § 151 SGB IX.

Quellen:

Bericht zur Beschlussfassung des Bundestags (http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw48-de-bundesteilhabegesetz/481812)

Beschlussfassung des Bundesrats (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2016/0701-0800/711-16(B).pdf?__blob=publicationFile&v=2)