Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei der Umsetzung eines Arbeitnehmers vor der Entscheidung über dessen Gleichstellungsantrag

In einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 22.01.2020 – 7 ABR 18/18) beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung vor Feststellung einer Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen vorsorglich nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen ist.

Der Fall

Im konkreten Fall stellte die bei einem Jobcenter angestellte Mitarbeiterin, die als behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt ist, im Februar 2015 einen Gleichstellungsantrag mit einem schwerbehinderten Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit. Ihren Arbeitgeber informierte sie hierüber. Ohne vorherige Anhörung und Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung wurde die Mitarbeiterin im November 2015 für sechs Monate in ein anderes Team umgesetzt. Im April 2016 wurde sie sodann mit Bescheid rückwirkend zum 04.02.2015, dem Tag der Antragsstellung, durch die Bundesagentur für Arbeit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Die Schwerbehindertenvertretung machte in diesem Zusammenhang geltend, das Jobcenter hätte sie vor der Umsetzung unterrichten und anhören müssen.

Während das erstinstanzliche Arbeitsgericht dem Hauptantrag stattgegeben hatte, wurden die Anträge vom Landesarbeitsgericht abgewiesen. Die gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gerichtete Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung wurde schließlich durch das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Gemäß §178 Abs.2 Satz1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung, wie z. B. einer Ver- oder Umsetzung, anzuhören. Dies gilt sowohl für schwerbehinderte als auch diesen gleichgestellten behinderten Menschen, § 151 Abs. 1 SGB IX. Das Bestehen einer Beteiligungspflicht ist jedoch zu verneinen, wenn die Entscheidung des Arbeitgebers einen Arbeitnehmer betrifft, der zwar bereits einen Antrag auf Gleichstellung gestellt hat, ein entsprechender Bescheid jedoch noch nicht bekanntgegeben wurde. Obwohl die Gleichstellung nach § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, besteht das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung erst ab Feststellung durch die Bundesagentur für Arbeit.

Fazit

Vor Bekanntgabe eines Gleichstellungsbescheids ist die Schwerbehindertenvertretung bei personellen Maßnahmen nicht zu beteiligten. Es kommt hierbei auch nicht auf die Kenntnis des Arbeitgebers von der Antragstellung an. Insofern schafft die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Klarheit und Rechtssicherheit. Zu beachten ist jedoch, dass auch während eines noch nicht abgeschlossenen Gleichstellungsverfahrens im Rahmen einer Kündigung die vorherige Zustimmung des Integrationsamts zumindest vorsorglich einzuholen ist.