Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei freizustellenden Betriebsratsmitgliedern

Leiharbeitnehmer sind bei der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitzurechnen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand des Betriebs zählen (BAG vom 02.08.2017 – 7 ABR 51/15).

Die Beteiligten stritten auch in dritter Instanz darüber, ob der Arbeitgeber angesichts der in seinem Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer dazu verpflichtet ist, ein weiteres Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG freizustellen. Der Arbeitgeber vertrat dabei die Auffassung, dass die bei ihm beschäftigten Leiharbeitnehmer bei der für die Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht zu berücksichtgen seien.

Das BAG entschied zugunsten des beteiligten Betriebsrats und stellte fest, dass Leiharbeitnehmer auch nach neuer Rechtslage gemäß § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG in der seit dem 1. April 2017 geltenden Fassung auch im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen sind, soweit Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahme des § 112a des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes oder der aufgrund der jeweiligen Gesetze erlassenen Wahlordnungen eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern voraussetzen. Damit sind Leiharbeitnehmer bei der nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Belegschaftsstärke mitzuzählen.

Für die Anzahl der nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer ist, so stellte das BAG wiederholt fest, die normale Beschäftigtenzahl maßgeblich, also diejenige Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Dabei ist nicht nur der Personalbestand in der Vergangenheit (abgestellt wird insoweit auf einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren) zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Unternehmerentscheidungen zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstands einzubeziehen, wenn sie unmittelbar bevorsteht. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres, d. h. länger als sechs Monate, beschäftigt werden. Das gilt auch für Leiharbeitnehmer, wenn Leiharbeit längerfristig als Instrument zur Deckung des Personalbedarfs genutzt wird.

Fazit

Durch das Inkrafttreten des neuen § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG hat sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert. Leiharbeitnehmer waren auch schon vor Geltung der Neuregelung bei der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitzurechnen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand des Betriebs zählten. Die gesetzliche Neuregelung, mit der der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten aufgegriffen hat, soll ausweislich der Gesetzesbegründung nur der Klarstellung dienen, bei welchen betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten Leiharbeitnehmer mitzuzählen sind.

Rechtsanwalt Tomislav Santon, LL.M.
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