Befristete Weiterbeschäftigung von „Rentnern“ – endlich rechtssicher möglich!

Der Europäische Gerichtshof bestätigt die Vereinbarkeit mit Europarecht der in § 41 S. 3 SGB VI geregelten befristeten Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus (EuGH, Urteil vom 28.02.2018 – C-46/17).

Mitarbeiter, die sich der Regelaltersgrenze (aktuell: 65 Jahre + 7 Monate) nähern, können zwei Lagern zugeordnet werden: Die einen können das Ende der Berufstätigkeit kaum erwarten; die anderen – und um diese Gruppe soll es hier gehen – würden gerne über diese Grenze hinaus weiter berufstätig bleiben. In vielen Fällen hat auch der Arbeitgeber ein Interesse daran, den „Bald-Rentner“ weiter zu beschäftigen. Stichworte: Know how-Erhalt oder Transfer, Fachkräftemangel usw.

Seit 2014 hat der deutsche Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage geschaffen, die diesen Fall abdeckt: Versteckt im Sozialgesetzbuch 6, in § 41 S. 3 SGB VI, ist seitdem geregelt, dass sich an das eigentlich mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze endende Arbeitsverhältnis ein befristetes Arbeitsverhältnis anschließen darf, ohne dass ein gesonderter Befristungsgrund erforderlich wäre. Das heißt: Sieht der ursprüngliche Arbeitsvertrag mit dem betroffenen Mitarbeiter vor, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der jeweils geltenden Regelaltersgrenze (in Altverträgen auch: mit Erreichen des 65. Lebensjahres) enden soll, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine befristete Fortsetzung über diesen Zeitpunkt hinaus vereinbaren. Dieses befristete Arbeitsverhältnis kann auch mehrmals verlängert werden.

In der Praxis blieb jedoch eine kleine Unsicherheit: Verschiedentlich wurden Stimmen laut, die die Europarechtswidrigkeit von § 41 S. 3 SGB VI proklamierten. Für Arbeitgeber war es ratsam, für den Fall der Fälle neben § 41 S. 3 SGB VI noch einen Befristungsgrund nach § 14 TzBfG (z. B. die Vertretung eines Mitarbeiters) „in der Tasche zu haben“. Diese zusätzliche Absicherung wird seit der letzten Woche nicht mehr erforderlich sein.

Der EuGH hat auf die Vorlage durch das Landesarbeitsgericht Bremen hin bestätigt, dass § 41 S. 3 SGB VI mit Europarecht vereinbar ist und weder gegen die Befristungsrichtlinie noch das Verbot der Ungleichbehandlung wegen Alters verstößt.

Fazit

Ist von beiden Seiten gewünscht, das Arbeitsverhältnis über den ursprünglichen Beendigungstermin fortzusetzen, kann nun gestützt auf § 41 S. 3 SGB VI rechtssicher eine bzw. auch mehrere befristete Verlängerung(en) des Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus vereinbart werden.

Im Übrigen gut zu wissen:

  • Voraussetzung für eine auf § 41 S. 3 SGB VI gestützte Anschlussbefristung ist, dass der Arbeitsvertrag eine „automatische“ Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht.
  • Die Verlängerung über die Regelaltersgrenze hinaus muss zwingend vereinbart werden, bevor das Arbeitsverhältnis enden würde.
  • Wie bei jedem befristeten Vertrag muss die befristete Verlängerung unbedingt schriftlich vereinbart werden.
  • Die Verlängerung ist eine „Einstellung“ nach § 99 Abs. 1 BetrVG, so dass der Betriebsrat zustimmen muss.
  • Rente kann neben dem verlängerten Arbeitsverhältnis selbstverständlich schon bezogen werden; für die Regelaltersrente gibt es keine Hinzuverdienstgrenze. Der Mitarbeiter kann sich aber auch dafür entscheiden, den Rentenantrag erst später zu stellen, dann erhöht sich der Rentenanspruch ansprechend.

Quelle:

Urteilsgründe des Europäischen Gerichtshofs, Urteil vom 28.02.2018 – C-46/17