Außerordentliche Kündigung wegen Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel

Mit Urteil vom 14.01.2021 hat das LAG Düsseldorf entschieden, dass das Entwenden von einem Liter Desinfektionsmittel im Wert von etwa 40,00 € und einer Handtuchrolle die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters rechtfertigen kann (LAG Düsseldorf v. 14.01.2021 – 5 Sa 483/20).

Der Fall

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung.

Der beklagte Arbeitgeber ist ein Paketzustellunternehmen, der klagende Arbeitnehmer war dort seit 2004 als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge tätig. Im Rahmen einer stichprobenartigen Kontrolle des klägerischen Wagens nach dem Ende einer Nachtschicht fand der Werkschutz des Beklagten Ende März 2020 im Kofferraum eine noch nicht angebrochene Flasche Desinfektionsmittel im Wert von etwa 40,00 € sowie eine Handtuchrolle. Da im Hause des Beklagten in der Vergangenheit schon mehrfach Desinfektionsmittel verschwunden war, sind in den Sanitärbereichen Hinweisschilder angebracht, die im Falle der Mitnahme von Desinfektionsmittel eine fristlose Kündigung sowie eine Anzeige durch den Arbeitgeber ankündigen.

Der Arbeitgeber kündigte mit Schreiben vom 25.03.2020 nach Anhörung des Personalausschusses am 24.03.2020 das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Gegen diese Kündigung wandte sich der Arbeitnehmer und gab an, er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um seine Hände zu desinfizieren. Das Desinfektionsmittel habe er für sich und seine Kollegen verwenden wollen, weil es in den Waschräumen des Beklagten nicht immer ausreichend verfügbar gewesen sei. Nach Arbeitsende habe er schlicht nicht mehr daran gedacht. Seine Familie sei darüber hinaus über seine Frau, die im Pflegebereich arbeite, bereits ausreichend mit Desinfektionsmittel versorgt.

Die Entscheidung

Das erstinstanzliche Arbeitsgericht Mönchengladbach hatte die gegen diese Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das LAG Düsseldorf hat dies nun in zweiter Instanz bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hielt die Einlassungen des Klägers für nicht glaubhaft. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Im Ergebnis geht das LAG Düsseldorf davon aus, dass der Kläger die Gegenstände in seinen Kofferraum verbracht hat, um sie selbst zu verwenden. Wenn er sie tatsächlich während der Schicht für sich und seine Kollegen habe nutzen wollen, hätte er dies den Kollegen ggf. unter Zurverfügungstellung seines Autoschlüssels mitgeteilt oder das Desinfektionsmittel nebst Handtuchrolle nahe des Arbeitsplatzes und nicht im Auto aufbewahrt. Darüber hinaus sei die Flasche im Zeitpunkt des Auffindens durch den Werkschutz auch noch ungeöffnet gewesen. Mithin liege ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vor. Eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, da der Kläger in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und auch der Beklagte unter Versorgungsengpässen litt, eine nicht unerhebliche Menge an Desinfektionsmittel entwendet habe. Angesichts dieser Umstände fiele die erforderliche Interessenabwägung – trotz der langen Beschäftigungsdauer des Klägers – im konkreten Fall zu Lasten des Klägers aus.

Fazit

Die vorgenannte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf stellt nochmals klar, dass auch das Entwenden von geringwertigen Gegenständen unter Umständen bereits eine außerordentliche Kündigung ohne den vorherigen Ausspruch einer Abmahnung rechtfertigen kann. Ein schwerer und nachhaltiger Vertrauensbruch kann demnach bereits durch das Entwenden von Sachen mit geringfügigem Wert herbeigeführt werden.