Zur urheberrechtlichen Schöpfungshöhe: Kein urheberrechtlicher Schutz für „Wenn das Haus nasse Füße hat“

Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 08.04.2016 (Az. 6 U 120/15) entschieden, dass dem Ausdruck „Wenn das Haus nasse Füße hat“ kein urheberrechtlicher Schutz zukommt.

Sachverhalt

Kläger ist ein Verlag, dessen Autor an der Wortfolge „Wenn das Haus nasse Füße hat“ Urheberrechte für sich beanspruchen möchte. Verwendet wird diese als Untertitel eines Buches über Mauerwerkstrockenlegung. Gegenüber der Beklagten verlangte er die Unterlassung der Verwendung des Ausdrucks. Die Beklagte hatte diesen zur Bewerbung ihres Online-Angebots, welches ebenfalls das Thema „Mauerwerkstrockenlegung“ behandelte, auf einer Social-Media-Plattform genutzt. Das LG Köln hatte die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Das OLG Köln bestätigte das LG Köln. Der Senat begründete seine Entscheidung damit, dass der Ausdruck „Wenn das Haus nasse Füße hat“ nicht als Sprachwerk im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig sei. Denn es fehle an der erforderlichen sogenannten „Schöpfungshöhe“. Der Kläger hatte damit argumentiert, dass der im Untertitel vorgenommene Vergleich von durchnässten Schuhen mit einer feuchtigkeitsgeschädigten Wand Produkt eines geistigen „Schöpfungsprozesses“ sei.

Diese Auffassung hielt das OLG Köln jedoch für unzutreffend. Von einer persönlichen geistigen Schöpfung könne nicht ausgegangen werden. Je kürzer ein Text sei, umso höhere Anforderungen seien an die Originalität zu stellen, um noch eine eigenschöpferische Prägung annehmen zu können. Auf diese Weise werde zugleich sichergestellt, dass einfache Redewendungen der Alltagssprache für den allgemeinen Gebrauch freigehalten würden. Der Ausdruck „Wenn das Haus nasse Füße hat“ weise aber schon keine besondere sprachliche Gestaltung auf, sondern sei eine schlichte, auch in der Alltagssprache mögliche Konstruktion. Er sei daher nicht mit dem Zitat von Karl Valentin „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut” vergleichbar, das vom Landgericht München im Jahr 2011 aufgrund seiner „Wortakrobatik“ als schutzfähig angesehen worden sei. Der Ausdruck habe auch keinen besonders originellen gedanklichen Inhalt. Als Untertitel eines Buches, das sich mit Mauertrocknung und Kellersanierung befasse, handele es sich im Kern um eine beschreibende Inhaltsangabe. Titel, die sich auf den Inhalt des Werks beziehen, könnten aber grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen. Darüber hinaus lehne sich der Untertitel an das auf der Website „Wikiquote“ veröffentlichte Sprichwort „Wer am Fluss baut, muss mit nassen Füßen rechnen“ an, in dem ebenfalls ein Bezug zwischen Bauen und „nassen Füßen“ hergestellt werde. Die Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen worden.

Anmerkung

Das Urheberrecht ist ein dynamisches Rechtsgebiet und wird häufig auch deshalb herangezogen, weil andere Rechtsquellen keinen bzw. keinen hinreichenden Rechtsschutz bieten würden. Grund hierfür sind (i) der offen formulierte Werkkatalog des § 2 Abs. 1 („insbesondere“) UrhG sowie (ii) die verhältnismäßig geringen Schutzanforderungen an urheberrechtsfähige Leistungen.  
Zentrales Kriterium für die Begründung des Urheberschutzes ist die Individualität, die das Ergebnis schöpferischer Tätigkeit ist. Es muss die individuelle Prägung des Urhebers festzustellen sein, wobei diese eine bestimmte Gestaltungs- oder Schöpfungshöhe erreichen muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Werk einen besonderen Wert besitzt oder dem objektiven Betrachter gefällt. Das Urheberrecht setzt weder eine wertvolle Leistungen voraus, noch dass die schöpferische Leistung wirtschaftlich verwertbar ist.

Das Urheberrecht schützt die sog. „kleine Münze“. An die Schöpfungs-/Gestaltungshöhe werden also nur geringe Anforderungen gestellt. Beim Sprachwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) reicht der Schutz beispielsweise vom künstlerisch wertvollen Gedicht bis zum spontanen Vierzeiler.

Die vorliegende Entscheidung ist Beleg dafür, dass das Urheberrecht trotz der geringen Anforderungen für manche Werke eine unüberwindbare Hürde darstellt. Dies ist – zumindest in gerichtlichen Verfahren – allerdings eher selten der Fall.