Vermeintliche Unklarheit eines Patentanspruchs ist kein Zurückweisungsgrund

In seiner Entscheidung „Abgassteuersystem“ hat das BPatG deutlich herausgestellt, dass mangelnde Klarheit keinen Zurückweisungsgrund im Patentprüfungsverfahren vor dem DPMA darstellt (BPatG, Beschl. v. 17.12.2018, Az. 11 W (pat) 24/14 - Abgassteuersystem).

Mit Beschluss vom 27. Juni 2014 hat die Prüfungsstelle des DPMA die am 21. April 2011 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Systeme und Verfahren zur Steuerung einer Kohlenwasserstoffenergiespeicherung und -freisetzung“ mit der Begründung zurückgewiesen, der Patentanspruch 1 umfasse Merkmale, bei denen offen bleibe, was genau gemeint sei. Es sei daher unklar, was unter Schutz gestellt werden solle. Auch aus der Beschreibung der Anmeldung werde dies nicht deutlich, so dass der Patentanspruch 1 nicht patentfähig und der Antrag auf Erteilung eines Patents daher zurückzuweisen sei. Gegen diesen Beschluss richtete sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.

Das BPatG stellte fest, dass die Anmeldung neu und auch erfinderisch sei. Es hob daher den Beschluss des DPMA auf und erteilte das Patent. Ferner ordnete das BPatG aus Billigkeitsgesichtspunkten die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG an.

Die Zurückweisung der Patentanmeldung sei ohne hinreichende Rechtsgrundlage und somit rechtswidrig erfolgt. Die Prüfungsstelle habe als Zurückweisungsgrund genannt, dass bei dem vorgelegten Patentanspruch 1 unklar sei, was unter Schutz gestellt werden solle. Dies stelle keine Subsumtion unter einen im Gesetz genannten Zurückweisungsgrund dar. Darunter könne auch nicht eine Zurückweisung aufgrund mangelnder Offenbarung gemäß § 34 Abs. 4 PatG verstanden werden. Eine Vorschrift, die beinhalte, Patentansprüche oder Beschreibung müssten klar und deutlich formuliert oder knapp gefasst sein vergleichbar z. B. der Regelung des Art. 84 Satz 2 EPÜ, kenne das deutsche Patentrecht nicht.

Amtlicher Leitsatz

Eine Vorgabe, Patentansprüche müssten klar und deutlich formuliert sein, hat den Charakter einer materiellen Patenterteilungsvoraussetzung und stellt einen Eingriff in das durch Art. 14 GG zugunsten eines Erfinders oder seines Rechtsnachfolgers geschützte Recht auf das Patent dar. Weder das Deutschen Patent- und Markenamt noch das Bundespatentgericht sind befugt, sich über die gesetzlich geregelten, materiellen Patenterteilungsvoraussetzungen hinaus neue Zurückweisungsgründe „auszudenken“. Eine derartige Vorgehensweise ist mit dem in Art. 20 GG festgeschriebenen Rechtsstaats- bzw. Gewaltenteilungsprinzip unvereinbar. Die Ausgestaltung der Eigentumsordnung ist Sache des Gesetzgebers (Fortführung von: BPatGE 54, 238 ff. – „Gargerät“; in Abgrenzung zu: BPatG BlPMZ 2016, 376 ff. –„Elektronisches Gerät“).

BPatG, Beschluss v. 17.12.2018, Az. 11 W (pat) 24/14

 

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Franziska Anneken

Franziska Anneken

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