Speicherung öffentlich zugänglicher Daten zum Zwecke von Werbeanrufen ohne Einwilligung unzulässig

Die Speicherung personenbezogener Daten aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen zum Zwecke sog. „Cold Calls“ ist datenschutzwidrig. Dies hat das OVG Saarland mit der Nichtzulassung der Berufung gegen ein Urteil des VG Saarlouis bestätigt (Az.: 2 A 174/18).

Sachverhalt

Die Klägerin kauft Edelmetallreste von Zahnarztpraxen und Dentallaboren an. Zum Zwecke der Kundenakquise per Telefon wurden aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen wie den „Gelben Seiten“ Namen und Vornamen sowie Praxisanschriften und Telefonnummern potenzieller Kunden entnommen. Anrufe bei den Betroffenen erfolgten bzw. sollten ohne gesonderte Einwilligung der Betroffenen erfolgen.

Die beklagte Behörde hatte angeordnet, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einzustellen, sofern keine Einwilligung der Angerufenen vorliegt oder bereits ein Geschäftsverhältnis mit diesen besteht, sowie zu diesem Zweck gespeicherte Daten zu löschen. Ausgenommen vom Bescheid waren solche Daten, welche keinen Personenbezug aufweisen, wie Telefonnummern von Praxen oder Laboren, welche als juristische Personen organisiert sind. Auch eine Nutzung von Kontaktdaten zur schriftlichen Kontaktaufnahme blieb von dem Bescheid unberührt.

Entscheidung

Das VG hatte erstinstanzlich die Auffassung der Behörde bestätigt, wonach die streitgegenständliche Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten schutzwürdige Interessen der Betroffenen verletze und damit gegen § 28 Abs. 3 Satz 6 BDSG a.F. verstoße (Az.: 1 K 257/17). Die fraglichen Werbeanrufe seien eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, da eine mutmaßliche Einwilligung der angerufenen Zahnarztpraxen wegen des erheblichen Störungspotenzials entsprechender Anrufe während der Praxiszeiten nicht angenommen werden könne. Ob einzelne Zahnärzte das telefonische Angebot begrüßten oder dieses Vorteile gegenüber einer schriftlichen Kontaktaufnahme aufweist, sei für die generelle Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung unerheblich. Diese Wertungen des VG waren nach Auffassung des OVG nicht zu beanstanden.

Eine Besonderheit der Argumentation der Klägerin betraf die Bewertung der Rechtsfrage im Hinblick auf die kurz nach der Entscheidung des VG in Kraft getretene DS-GVO. Das Urteil nach altem Recht berücksichtige nicht ausreichend die Wertung von Erwägungsgrund 47 der DS-GVO, nach dem Direktwerbung als ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen zu berücksichtigen sei. Daraus ergebe sich eine maßgebliche Akzentverschiebung im Gegensatz zum alten Recht. Nach Auffassung des OVG hatte das VG den Sachverhalt jedoch zu Recht lediglich nach altem Recht beurteilt, wobei das Gericht auch durchblicken ließ, dass es zum Zeitpunkt der Entscheidung keine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage erkennen könne.

Auswirkungen

Auch wenn die Entscheidung nach altem Recht ergangen ist, ist sie im Kontext der DS-GVO in gleicher Weise relevant. An der Rechtslage unter dem UWG hat sich mit der DS-GVO zunächst einmal nichts geändert, sodass Werbeanrufe ohne (mutmaßliche) Einwilligung nach wie vor als unzumutbare Belästigung zu qualifizieren sind. Zwar ist die Direktwerbung nach Erwägungsgrund 47 zur DS-GVO im Gegensatz zum BDSG a.F. als berechtigtes Interesse anerkannt, wird jedoch ein solches Interesse im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DS-GVO zurücktreten müssen, wenn die lauterkeitsrechtlichen Anforderungen nicht gegeben sind.

Ob gerade im B2B-Kontext Werbeanrufe ggf. über ein schlicht mutmaßliches Einverständnis zulässig sein können, ist stark einzelfallabhängig. Wenn wie im vorliegenden Fall hingegen keinerlei geschäftlicher Vorkontakt bestand und die Kontaktdaten schlicht aus öffentlichen Datenbanken entnommen werden, wird der Spielraum für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses eng. Offen bleibt Werbetreibenden im Übrigen aber selbstverständlich die Nutzung öffentlicher Kontaktdaten zum Zwecke postalischer Ansprache.

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Dr. Sascha Vander, LL.M.

Dr. Sascha Vander, LL.M.

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