OLG Frankfurt a.M. – Sofortüberweisung.de gängiges und zumutbares Zahlungsmittel im Online-Bereich

Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 24.08.2016 (Az. 11 U 123/15) und abweichend von der Vorinstanz entschieden, dass der Zahlungsdienst sofortüberweisung.de als gängiges und zumutbares Zahlungsmittel für den Online-Bereich einzustufen ist.

Sachverhalt

Die Parteien stritten um die Zulässigkeit der seitens der Beklagten angebotenen Zahlungsmethoden für Online-Buchungen von Flugreisen durch Verbraucher. Streitig war insbesondere die Frage, ob es sich bei der für eine kostenlose Bezahlung erforderlichen Inanspruchnahme des Zahlungsauslösedienstes sofortüberweisung.de um eine gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit im Sinne von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB handelt.

Das Landgericht hatte ausgeführt, dass die von der Beklagten vorgesehenen Zahlungsmöglichkeiten nicht den Anforderungen des § 312 a Abs. 4 Nr. 1 BGB genügten. Die Inanspruchnahme von sofortüberweisung.de als einziger kostenlosen Zahlungsmöglichkeit stelle zwar eine gängige, jedoch keine zumutbare Zahlungsmöglichkeit dar. Es sei jedenfalls unzumutbar, dass der Verbraucher durch diese Zahlungsmethode nicht nur zu einem Dritten in vertragliche Beziehungen treten, sondern diesem Dritten auch noch Kontozugangsdaten mitteilen und in den Abruf von Kontodaten einwilligen müsse.

Entscheidung

Das OLG Frankfurt a.M. hat die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und im Ergebnis festgestellt, dass der Zahlungsdienst sofortüberweisung.de gängig und zumutbar im Sinne von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB sein soll.

Das OLG Frankfurt a.M. stellte zunächst – wie auch das Landgericht – fest, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Zahlungsmittel um ein gängiges Zahlungsmittel handelt. Die Beklagte hatte in der Berufungsinstanz insbesondere weitere aktuelle Daten zur Verbreitung des Zahlungsdienstes der Nebenintervenientin eingeführt. Demnach lag die Bankenabdeckung gegenwärtig bei 99,9 %, d.h. nahezu jede Bank kann über die Eingabemaske der Nebenintervenientin erreicht werden. Zudem hatte die Beklagte darauf verwiesen, dass 73% aller deutschen Internetnutzer ab 18 Jahren im Jahr 2015 die Möglichkeit des Online-Bankings nutzten. Auf Basis dieser Zahlen sei nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. davon auszugehen, dass es sich bei der Zahlungsmöglichkeit sofortüberweisung.de um eine weit verbreitete und damit gängige Zahlungsart i.S.d. § 312 a Abs. 4 Nr. 1 BGB handelt.

Die Zahlungsmöglichkeit stellte sich auch als zumutbar i.S.d. § 312 a Abs. 4 Nr. 1 BGB dar. Diese Anforderung werde insbesondere daran gemessen, welcher Mehraufwand mit der Zahlungsmöglichkeit verbunden sei und welche Verzögerungen bei seiner Nutzung eintreten könnten, wobei diese Fragestellungen im Lichte des Vertragszwecks zu würdigen seien. Relevanz bei der Bewertung der Zumutbarkeit könnten zudem konkrete Sicherheits- und Missbrauchsgefahren erlangen.

Im Fall eines eingerichteten Online-Banking-Zugangs könne der Zahlungsauslösedienst unmittelbar über die aufgerufene Eingabemaske genutzt werden. Mehraufwand oder Verzögerungen im Falle der Nutzung dieses Zahlungsauslösedienstes seien auch vom Kläger nicht vorgetragen.

Konkrete Missbrauchsgefahren im Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Zahlungssystem habe der Kläger ebenfalls nicht dargelegt. Es sei vielmehr dargelegt worden, dass seit Einführung des Systems im Jahre 2005 im Rahmen der mehr als 100 Millionen Transaktionen kein Schadensfall durch Missbrauch von PIN und TAN zulasten des Bankkunden vorgefallen sei.

Soweit der Kläger erstinstanzlich die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Zahlungsmittels deshalb in Frage gestellt habe, da von den Kunden im Falle der Nutzung von sofortüberweisung.de ein Verhalten verlangt werde, welches gegen mit ihren Banken vereinbarte Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoße oder jedenfalls verstoßen könnte, überzeuge dies im Ergebnis nicht. Dem Kläger sei zwar zuzugeben, dass im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung Bedeutung erlange, ob der Nutzer infolge der Inanspruchnahme dieser Zahlungsart gegen vertragliche Pflichten verstoße. Nur ein grundsätzlich zulässiges Zahlungssystem sei auch zumutbar. Ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten liege allerdings infolge der Nichtigkeit der vom Kläger angeführten Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einiger Großbanken nicht vor. Sofern einzelne Nutzer annehmen mögen, dass ihr Verhalten gegen vertragliche Pflichten gegenüber den Banken verstoßen könnte, sei dieser Umstand allein nicht geeignet, ausnahmsweise, eine Unzumutbarkeit des gängigen Zahlungsmittels zu begründen.

Das OLG Frankfurt a.M. schloss sich insoweit einer Einschätzung des Bundeskartellamtes an. Die Vereinbarung entsprechender Verbote in Verbindung mit Haftungsausschlüssen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken sei objektiv geeignet, die Nutzung von Zahlungsauslösediensten durch Online-Händler und Bankkunden zu erschweren oder sogar ganz auszuschließen. Bankenunabhängige Zahlungsauslösedienste wie sofortüberweisung.de würden durch entsprechende Bedingungen vom Markt für Bezahlverfahren im Internet ausgeschlossen und seien als kartellrechtswidrig einzustufen.

Soweit der Kläger darauf verweise, dass unabhängig von der Frage der Kartellwidrigkeit der betroffenen Bedingungen allein deshalb von einer Unzumutbarkeit der Einschaltung der Nebenintervenientin auszugehen sei, da jedenfalls eine rechtliche Unsicherheit für die Verbraucher im Hinblick auf einen im Raum stehenden Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen gegenüber ihrer Banken vorliege, folgte der Senat dem ebenfalls nicht. Im Ergebnis würde die Annahme der Unzumutbarkeit der Zahlungsmethode im Hinblick auf eine möglicherweise bei einzelnen Verbrauchern bestehende Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens dazu führen, dass die kartellrechtswidrige Bedingung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen betroffener Banken faktisch weiterhin Geltung hätte. Dadurch würde der seinerseits dem Wohl der Verbraucher dienende Wettbewerb um das Anbieten von günstigen online-Bezahldiensten gestört. Der Händler müsste (statt oder neben der Nebenintervenientin) eine andere möglicherweise für ihn teurere kostenlose Bezahlmöglichkeit anbieten, was seine eigenen Kosten erhöhen würde.

Auswirkungen

Für Händler bietet die Nutzung von sofortüberweisung.de durchaus eine interessante Möglichkeit, dem potentiellen Kunden eine kostenfreie und unmittelbare Zahlungsmöglichkeit anzubieten. Ob sich die Zahlungsmöglichkeit für Verbraucher als zumutbar im Sinne von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB erweist, erscheint ungeachtet der ausführlichen und im Wesentlichen kartellrechtlich geprägten Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. fraglich.

Im Ergebnis hat das Gericht die Frage der Zumutbarkeit sehr stark und fast ausschließlich auf kartellrechtliche Überlegungen gestützt, ohne den durchaus berechtigten Vorbehalten von Verbrauchern gegen eine AGB-widrige Verwendung von PIN und TAN Rechnung zu tragen. Dies mag mit „kartellrechtlicher Brille“ angezeigt und berechtigt sein, blendet jedoch die im Kern verbraucherschützende Stoßrichtung von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB aus. Die einer Nutzung von sofortüberweisung.de entgegenstehenden AGB von einigen Banken mögen noch so kartellrechtswidrig sein; den Verbrauchern allerdings einen Verstoß gegen formal bindende AGB zuzumuten, geht allerdings wohl ein wenig zu weit. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass als Ergebnis der Entscheidung zu bedenken ist, dass die Konsequenz schlussendlich auch darin liegt, dass Kunden neben sofortüberweisung.de dann kein weiteres – und für den Fall, dass die Vorbehalte gegen eine Preisgabe von PIN und TAN zu groß seien, gar kein – kostenfreies Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt werden muss.